{Rezension} Aldobrando von Gipi & Luigi Critone


Lesedauer: 3 Minuten

Aldobrando wurde einem Magier angedient, dieser sollte ihn schützen und erziehen, bis er alt genug ist, die weite Welt zu entdecken. Einige Jahre später wandelte sich die Zubereitung eines Zaubertranks in eine Tragödie. Schwer verwundet am Auge von einer Katze, die nicht kochen wollte, bittet der Zauberer seinen jungen Schützling, ihm Wolfskraut zu holen. Aber wie soll man in der Botanik zurechtkommen, wenn man noch nie einen Fuß nach draußen gesetzt hat und dem Mörder des Königssohns gegenübersteht?

Dies ist mein erster Comic des französischen Szenaristen Gian Alfonso Pacinotti (kurz »Gipi«) und ich kann schon vorwegnehmen, dass mich seine Erzählkunst überaus begeistert hat. In »Aldobrando« vereint Gipi Zutaten eines Fantasy-Märchens wie man sie zum Beispiel auch in William Goldmans »Die Brautprinzessin« findet, und kreiert daraus eine fesselnde Abenteuergeschichte mit ungewissem Ausgang.

Der Titelheld ist ein etwas dümmlicher und schwächlicher Waisenknabe, dessen Gliedmaßen Spinnenbeinen ähneln und der von einem Zauberer aufgenommen wurde, bis dieser beim Brauen eines Trankes von einer Katze verletzt wird und den Stubenhocker Aldobrando hinaus in die Welt schickt, um das heilende Wolfskraut aufzutreiben. Auf seinem Weg begegnet er einem gerissenen Hochstapler, einer wunderschönen und herzzerreißend traurigen Prinzessin, einem fettleibigen König, einem fast schon übernatürlich starken Menschentöter und natürlich auch einem hinterlistigen Ränkeschmied am Königshof.

Obwohl Gipi mit seiner Geschichte das Fantasy-Rad nicht neu erfunden hat, kann er in »Aldobrando« mit seinen trefflichen Figuren, unerwarteten Wendungen und einem passgenauen Tempo aus Action und Spannung das Blatt für sich herumreißen! Zudem bin ich mir sicher, dass die Geschichte auch bei mehrmaligem Lesegenuss noch einige Details offenbaren wird, die beim ersten Lesen im Verborgenen geblieben sind.

»Aldobrando« hat sich vor allen Dingen durch seinen gleichnamigen Underdog-Helden in mein Herz gebrannt, denn ab der ersten Seite fiebert man mit dem armen Waisenknaben mit und hofft auf ein gnädiges Schicksal für ihn, als den letzten seines Geschlechts. Trotz seiner Naivität und geringer Intelligenz ist Aldobrando nicht ganz auf den Kopf gefallen und hat vor allen Dingen ein ausgeprägtes Verbundenheitsgefühl gegenüber seines Zauberer-Ziehvaters, dass ihn durch die schrecklichsten Situationen begleitet und ihn trotz einiger Schlenker nicht vom Weg abkommen lässt.

Die Zeichnungen von Luigi Critone haben eine herrlich schwungvolle Linienführung und fangen actionreiche Szenen genauso hervorragend ein, wie die etwas ruhigeren Momentaufnahmen. Atmosphäre wird den Bildern von der brillanten Kolorierung von Francesco Daniele und Claudia Palescandolo eingehaucht, die immer perfekt auf die jeweiligen Panels, egal ob weiße Schneelandschaft, Kerker, Zauberhütte, Kampfarena oder eine Waldlichtung abgestimmt ist.


Ein wundervolles Fantasy-Abenteuer, dass durch seinen unterschätzten Helden und einzigartigen Charme auf ganzer Linie überzeugt.

★★★★★

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Titel: Aldobrando
Originaltitel: Aldobrando
Autor: Gipi
Illustrator: Luigi Critone
Übersetzer: Ulrich Pröfrock
Genre: Comic
Verlag: Carlsen Verlag
ISBN-13: 978-3551751065
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 208 Seiten
Preis: 28,00 €
Erschienen: 22. Dezember 2020

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Gian Alfonso Pacinotti, besser bekannt als Gipi, wurde im Dezember 1963 in Pisa geboren. Bekannt wurde er in Frankreich durch seine Reihe „Notes pour une histoire de guerre“, für die er 2006 beim Comicfestival in Angouleme den Preis für das beste Album gewann. 2017 bekam er viel Lob der Kritik für „La Terre des fils“ und erhielt ein Jahr später den Großen Preis der Kritik dafür. Gipi ist bekannt für sein außergewöhnliches erzählerisches Talent, das ihm nicht nur in Italien und Frankreich, sondern auch in Spanien, Deutschland und den USA eine treue Fangemeinde eingebracht hat.

Quelle: Carlsen Verlag

Luigi Critone, geboren 1981, studierte Kunst in Rom, bevor er sich an der Scuola Internazionale di Comics in Florenz einschrieb. Er zeichnete die ersten beiden Bände der Reihe „La rose et la croix“ und wurde damit in Frankreich bekannt. Danach arbeitete er zusammen mit Alain Ayroles an „Sept Missionnaires“. Später adaptierte er den Roman „Je, François Villon“ von Jean Teulé in drei Bänden. Heute arbeitet und lebt er in Montreuil.

Quelle: Carlsen Verlag


Um Längen besser als die meisten anderen Alben aus diesem Genre.
Comickunst

Uneingeschränkt empfehlenswert, nicht nur für Fantasyfreunde, sondern für alle Fans von Comicabenteuern.
Comic Report, Matthias Hofmann

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2 Kommentare

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