{Rezension} Frau Merian und die Wunder der Welt von Ruth Kornberger


Lesedauer: 5 Minuten

Nach einer gescheiterten Ehe zieht es die Künstlerin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian Ende des 17. Jahrhunderts weg von Deutschland in die Niederlande. Als alleinerziehende Mutter zweier Töchter verdient sie sich mit Zeichenunterricht den Lebensunterhalt, gibt aber ihren Traum einer Forschungsreise ins entfernte Surinam nicht auf. Im Regenwald Südamerikas erhofft sie unbekannte Raupen und Schmetterlinge ausfindig zu machen, die sie der Welt in einem Buch und anhand Präparaten näherbringen will. Das Pflaster in Amsterdam ist allerdings nicht so weltoffen, wie Maria sich das wünschen würde und so ist es an ihr selbst den Weg zu ebnen und unerbittlich Kontakte zu knüpfen. Als ihr Traum in Erfüllung geht, hegt sie dennoch Zweifel, denn ihr Herz gehört Jan de Jong, der immer wieder in ihr Leben schneit…

Die deutsche Malerin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian war noch vor Alexander von Humboldt Wegbereiterin für die Erforschung der Natur und machte sich im Bereich der Insektenforschung einen Namen. Bisher war mir über die mutige Frau, deren Porträt sogar die 500-DM-Note zierte, nichts näheres bekannt. Umso schöner, dass sich Ruth Kornberger in ihrem Debütroman »Frau Merian und die Wunder der Welt« mit dem Leben der beeindruckenden Frau, die ihrer Zeit weit voraus war und ihren Weg trotz aller Widerstände hartnäckig verfolgte, befasst.

Ruth Kornbergers Roman beginnt mit Marias Zeit bei der religiösen Sekte der Labadisten in Wieuwerd, wo sie nach langen Ehejahren mit ihren Töchtern Johanna und Dorothea Unterschlupf findet, dort begegnet sie dem eindrucksvollen wie auch geheimnisumwobenen Jan de Jong, der die Künstlerin mit einem Porträtgemälde beauftragt und ihr freigeistiges Herz gewinnt. Nach ihrem Umzug nach Amsterdam begegnet sie ihm wieder, er übt auf sie ein mindestens ebenso große Faszination wie Raupen und Schmetterlinge aus und ist als vermeintlicher Freibeuter genauso flatterhaft.

Ruth Kornberg verknüpft geschickt recherchiertes Material mit fiktiven Einfällen, die ihren Roman zu einem abenteuerlichen Lesestoff voller bezaubernder Tierchen machen. Auch wenn die Liebesgeschichte frei erfunden ist, passt sie sich so wunderbar in den Erzählrahmen ein, dass man fast möchte, dass es sich um eine wahre Begebenheit handelt. Besonders imponierend empfand ich die authentische und bildhafte Konstruktion des Settings von Amsterdam und Surinam Ende des 17. Jahrhunderts. Tatsächlich habe ich mich in diese Zeit hineinversetzt gefühlt und habe mich nur zu gern von den Wunderkammern reicher Kaufmannsleute und langweiligen Abendgesellschaften gefangen nehmen lassen. Ereignisse wie der Besuch des russischen Zaren und die Wichtigkeit des Zuckerhandels sowie die politisch abgesegneten Kaperbriefe für Freibeuter fließen mit in die Geschichte ein und machen die Kulisse noch lebendiger.

»Sie hatte Dinge gewagt, die kaum eine andere Frau getan hatte, hatte ihren Mann verlassen, war in ein fremdes Land gezogen und ernährte ihre Töchter und sich selbst.«
Seite 107

Beeindruckend ist auch die Ausarbeitung der Hauptprotagonistin Maria Sibylla Merian gelungen, die sich zur damaligen Zeit als alleinerziehende Mutter zweier Töchter behauptet und ihrem freien Forschergeist nachgeht, egal wie viel Gegenwind sie von anderen bekommt, die nicht verstehen können, warum sie als Frau in der Erde wühlt, Insekten sammelt und stundenlang über ihr wissenschaftliches Interesse sprechen könnte.

Eine Malerin, die für ihre Motive die Weltmeere bezwang – was für eine unerhörte Sache das doch wäre!
Seite 107


Eine abenteuerliche Note bekommt die Geschichte durch die beschwerliche Schiffsreise ins entfernte Surinam, wo Maria mit ihrer jüngeren Tochter Dorothea im Urwald nach exotischen Insekten und Pflanzen sucht, insbesondere natürlich nach Raupen und Schmetterlingen, aber auch außergewöhnliche Kröten, Spinnen und Säugetiere begegnen der Forscherin in den tropischen Gefilden. Schreckliche Beikost liefert die Sklavenhaltung der Plantagenbesitzer, die mit aller Härte gegen Ausreißer und rebellierende Arbeiter vorgehen.

Die Lektüre von »Frau Merian und die Wunder der Welt« habe ich sehr genossen und begeistert alle Details aufgesogen, auch wenn der Leseflow durch die vielen akribisch beschriebenen Raupen und Schmetterlinge sowie das Handwerk des Präparierens manchmal etwas in die Länge gezogen wurde und sich manch einer davon bestimmt gelangweilt fühlt.


Ein toll recherchierter Roman über die imponierende Forscherin und Malerin Maria Sibylla Merian, der in Kombination mit fiktiven Unterfütterungen zu bezaubern weiß. Mit »Frau Merian und die Wunder der Welt« ist Ruth Kornberger ein beachtliches Debüt gelungen, dass zum Wegträumen und Seele baumeln lassen einlädt.

★★★★☆

*WERBUNG*


Titel: Frau Merian und die Wunder der Welt
Autorin: Ruth Kornberger
Genre: Historischer Roman
Verlag: C. Bertelsmann
ISBN-13: 978-3570104309
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 528 Seiten
Preis: 20,00 €
Erschienen: 24. Mai 2021

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Ruth Kornberger wurde 1980 in Bremen geboren, liebt Schiffe und Geschichten über Abenteurerinnen. Mit ihrer Familie lebt sie in Weinheim. Sie ist Mitglied der Autorenkollektive Junge Literatur Mannheim und Qindie; ihre Kurzgeschichten sind in Literaturzeitschriften und Anthologien erschienen. »Frau Merian und die Wunder der Welt« ist ihr erster Roman.

Quelle: Penguin Random House


Im Groß und Ganzen ist das Porträt von Maria Sibylla Merian durchaus faszinierend, doch dem gesamten Roman fehlt es an Lebendigkeit.
Booklovin

Klare Leseempfehlung.
lisaasleben

Die Geschichte weiß größtenteils gut zu unterhalten.
Giselas Lesehimmel

Ich fand den Roman interessant, allerdings war er für mich an manchen Stellen etwas langatmig und es fehlte zwischenzeitlich die Spannung.
Chrissis bunte Lesecouch

Geschichte, gut recherchiert, die es, als Roman umgesetzt, leicht macht, die damalige Zeit zu erleben und etwas über die Forscherin zu erfahren. So macht dazulernen Spaß!
Stefan Wichmann

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4 Kommentare

  1. Liebe Bella,
    deine Rezension liest sich wirklich wunderbar und ich kann dir in dem Punkt, dass manche Ausführungen zu detailverliebt sind, zustimmen :-)
    Ganz liebe Grüße und weiterhin viel Spaß beim Lesen!!!
    Lena

    • Liebe Lena,

      vielen Dank für dein liebes Feedback und dir auch ganz viel Lesefreude!

      Herzliche Grüße
      Bella

  2. […] »Frau Merian und die Wunder der Welt« von Ruth Kornberger | Historischer Roman | Eindruck: 4 Ein toll recherchierter Roman über die imponierende Forscherin und Malerin Maria Sibylla Merian, der in Kombination mit fiktiven Unterfütterungen zu bezaubern weiß. Mit »Frau Merian und die Wunder der Welt« ist Ruth Kornberger ein beachtliches Debüt gelungen, dass zum Wegträumen und Seele baumeln lassen einlädt. […]

Schreibe eine Antwort zu Retrospektive | von Entdeckerinnen, zauberhaften Nannys, schlafenden Schönheiten und magischen Mysterien - das war mein Juni 2021 ♣ Bellas WonderworldAntwort abbrechen

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