{Rezension} Belinda von Maria Edgeworth


Lesedauer: 4 Minuten

London, um 1800. Belinda Portman wird von ihrer als Kupplerin berüchtigten Tante Mrs Stanhope nach London geschickt, um dort in die feine Gesellschaft eingeführt zu werden und natürlich einen geeigneten Kandidaten für die Ehe zu finden. Unter Obhut der kapriziösen Lebedame Lady Delacour ist Belinda jedoch in den aufregenden Kreisen der High Society auf sich selbst gestellt und verliebt sich ausgerechnet in Clarence Hervey, einen guten Freund Lady Delacours, welcher bereits einer anderen Dame versprochen ist…

Nach über 200 Jahren nach der Erstveröffentlichung, wurde Maria Edgeworths Gesellschaftsroman »Belinda« nun erstmals ins Deutsche übersetzt. Die britische Autorin wurde nicht umsonst Vorbild für Jane Austen und viele weitere Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihrer Zeit. Das zeigt ihre, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, skandalöse Geschichte mit Bravour.

Im Zentrum von Edgeworths Gesellschaftsporträt steht die junge Belinda, welche durch den gefürchteten Ruf ihrer Kuppler-Tante Mrs Stanhope schon bald nach ihrer Ankunft in London zum Klatschthema wird. Schließlich sind alle gespannt, ob Mrs Stanhopes neuer Zögling eine noch bessere Partie machen wird als ihre Vorgängerinnen und die Gentlemen sind auf der Hut.

Belinda mit ihrer Unerfahrenheit ist zunächst auf den brieflichen Rat ihrer Tante angewiesen und wird von ihrer Gastgeberin, der Lebedame Lady Delacour in ein turbulentes Gesellschaftsleben eingeführt. Im alltäglichen Leben kann Belinda schon bald einen Blick hinter die Fassade der vergnügungssüchtigen koketten Dame werfen und zieht für sich aus deren Eheleben wichtige Schlüsse für ihre Wahl eines Bräutigams.

In Gesellschaft und daheim war Lady Delacour zwei ganz verschiedene Personen. In Gesellschaft schien sie ganz Leben, Geist und gute Laune zu sein – daheim war sie lustlos, verdrießlich und melancholisch.
Seite 15


Das Zusammenspiel der exzentrischen Lady Delacour und der liebenswürdigen Belinda hat Maria Edgeworth perfekt aufeinander abgestimmt, denn die Damen können wunderbar voneinander lernen und schätzen ihre Freundschaft daher sehr. Kein Wunder, ist es Lady Delacour ein besonderes Anliegen, ihrer Belinda einen vorzüglichen Ehegatten zu verschaffen und denkt dabei an ihren häufigen Gast Clarence Hervey, dem Belinda nicht abgeneigt ist.

Miss Portman gehörte nun einmal nicht zu den jungen Damen, die sich einbilden, jeder Gentleman, der sich ungezwungen mit ihnen unterhält, müsste unvermeidlich der Macht ihrer Reize verfallen, und die in jedem Mann entweder einen Liebhaber sehen oder ihn für vollkommen uninteressant halten.
Seite 282


Sehr genossen habe ich Belindas besonnes Wesen und ihre aufopferungswürdige Hilfsbereitschaft, die sie auch in Clarence Herveys Gunst steigen lässt. Jedoch trägt der Gentleman eine Verpflichtung aus seiner Vergangenheit mit sich, die einer Vereinigung des Paares im Wege steht und ihr Umfeld trägt mit seinen intriganten Spielchen enorm zum Unterhaltungswert des Romans bei.

Äußerst erfrischend sind zudem gewagte Episoden, wie zum Beispiel die Heirat einer Weißen mit einem Schwarzen, welche wie nebenbei einfließt, als wäre dies völlig normal. Damit hat Maria Edgeworth zu ihrer Zeit wohl für jede Menge Aufsehen gesorgt. Zudem stattet sie eine ihrer weiblichen Figuren mit viel Courage aus, die man in vergleichbaren Werken nur beim männlichen Geschlecht findet und hier sogar zum Duell zweier Frauen in Männerkleidung sorgt.

Tatsächlich habe ich jedes Kapitel dieses drei Bände umfassenden Gesamtkunstwerkes sehr genossen und in jeder Hinsicht mit den fein gezeichneten Charakteren mitgefiebert. So sehr ich die fabelhafte Entwicklung Belindas bestaunte, so sehr hätte ich mir ein klein wenig mehr Unterfütterung von Clarence Hervey gewünscht. Diese minimale Kritik ist jedoch vernachlässigbar und daher kann ich »Belinda« jedem Fan von Jane Austen nur wärmstens empfehlen!


Sarkastisch-Charmanter Gesellschaftsroman und Charakterstudie einer jungen Frau auf dem Heiratsmarkt zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

★★★★½

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Titel: Belinda
Originaltitel: Belinda
Autorin: Maria Edgeworth
Übersetzerin: Gerlinde Völker
Genre: Klassiker
Verlag: Reclam
ISBN-13: 978-3150113752
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 608 Seiten
Preis: 28,00 €
Erschienen: 18. März 2022

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Maria Edgeworth (1767–1849), anglo-irische Schriftstellerin, war eine der erfolgreichsten Autorinnen ihrer Epoche und soll u. a. Sir Walter Scott und Jane Austen beeinflusst haben. Sie verwaltete gemeinsam mit ihrem Vater dessen Landsitz in Irland und widmete sich neben dem Schreiben verschiedenen Sozialprojekten. Neben mehreren Romanen verfasste sie Kinderbücher und Abhandlungen zu Erziehungsfragen.

Quelle: Reclam Verlag

Jetzt verstehe ich, warum Jane Austen Maria Edgeworth gelobt hat. »Belinda« ist großartig und gehört definitiv zu meinen Lesehighlights 2022!
Endlose Seiten

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3 Kommentare

  1. Hallöchen meine Liebe,
    hach, das ist aber auch eine schöne Ausgabe.
    Ich nehm das Buch mit auf meine Vorschlagsliste für die Klassikerrunde. Das klingt doch erfrischender als Austen und Bronte.

    Viele Grüße
    Tina

    • Liebe Tina,

      freut mich sehr, dass du den Titel auf die Vorschlagsliste für deine Klassikerrunde nehmen willst. Falls das Buch gelesen wird, wünsche ich ganz viel Freude damit :)

      Herzliche Grüße
      Bella

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