{Rezension} Elektra, die hell Leuchtende von Jennifer Saint


Lesedauer: 4 Minuten

Agamemnon opferte für den Einzug in den Trojanischen Krieg das Leben seiner erstgeborenen Tochter Iphigenie und ließ seine Familie für die jahrzehntelange Schlacht alleine in seinem Königreich Mykene zurück. Seine Frau Klytämnestra wünscht sich nichts mehr als den Tod ihrer Tochter zu rächen und seine Tochter Elektra ersehnt nichts mehr herbei als seine Rückkehr, um die Liebe, die ihre Mutter nicht mehr geben kann, zu erfahren. Als Agamemnon heimkehrt, ist an seiner Seite die Priesterin Kassandra, welche er als Kriegsbeute für sich beansprucht und Kassandra sieht durch ihre Visionen, welch Schicksal sie mit den Frauen in Agamemnons Leben vereint…

Die Mythen der Antike, besonders die der griechischen Mythologie, üben eine besonders starke Anziehungskraft auf mich aus, sodass nach »Ich, Ariade« auch der zweite Roman von Jennifer Saint auf meinem Lesestapel wanderte.

In »Elektra, die hell Leuchtende« befasst sich Jennifer Saint mit dem Trojanischen Krieg und dessen Auswirkungen auf das Leben spartanischer wie auch trojanischer Frauen. Da ich erst kürzlich zum gleichen Thema den Roman »Wir Töchter von Sparta« von Claire Haywood verschlungen habe, drängen sich natürlich Parallelen, Abweichungen und unterschiedliche Interpretationen auf. Besonders markant ist der Unterschied in der Erzählweise, während Jennifer Saint einen sachlicheren und neutraleren Ton anschlägt, der die Atmosphäre von alten Legenden heraufbeschwört, füllt Claire Haywood ihre Erzählung mit Wärme und schafft damit eine engere Bindung zu den Charakteren und deren Schicksal.

Jede der Erzählweisen hat etwas Gewinnendes vorzuweisen, das einen in den Bann zieht, auch wenn ich zugeben muss, dass ich hier durch das distanziertere Verhältnis zu den Protagonist*innen nicht ganz so stark mitgefiebert habe. Trotzdem fand ich, dass sich die von Jennifer Saint gesponnen Geschichten über die sonst nur als Randnotiz existierenden Frauen in der Mythologie, sich sehr gut in den antiken Legenden eingefügt haben.

Wir würden unser Leben für unsere Kinder geben, und jedes Mal, wenn uns eine Geburt bevorstand, führte sie uns an das Ufer jenes Flusses, der die Lebenden von den Toten trennt. Ein riesiges Heer von Frauen ohne schützende Rüstung, nur mit unserer Stärke bewaffnet, in der Hoffnung, dass wir obsiegen würden.
Seite 96


Dem Titel nach habe ich in erster Linie eine Story über Elektra erwartet, stattdessen nehmen ihre Mutter Klytämnestra und die trojanische Priesterin Kassandra ebenso viel Raum ein wie der Fluch, mit dem das Geschlecht der Atriden seit Tantalos belegt ist. Die Auswirkungen des blutigen Fluchs bilden einen undurchdringlichen Kreislauf aus Rache und Vergeltung, und Agamemnons Taten verbinden zudem die Schicksale und das große Leid der Frauen miteinander.

Jennifer Saint lässt vor allem Klytämnestra eine Entwicklung durchmachen, die sie selbst zu selbstbestimmtem Handeln führt, wohingegen Elektra und Kassandra weitaus mehr in ihrer Rolle gefangen scheinen. Auf jeden Fall spannend zu lesen, wie sich die Frauen in ihrer leidgeprüften Lage bewähren und verhalten.

Die Geschichte umspannt mehrere Jahrzehnte, was leider durch das Erzähltempo und die Strukturierung nicht so wirklich zur Geltung kommt. Davon abgesehen, habe ich es sehr genossen, mich von den Ideen von Jennifer Saint zu diesem mythologischen Epos mitnehmen zu lassen.


Die epische Gewalt aus der griechischen Mythologie geht hier Hand in Hand mit der Geschichte starker Frauen.

★★★½☆

*WERBUNG*


Titel: Elektra, die hell Leuchtende
Originaltitel: Elektra
Autor*in: Jennifer Saint
Übersetzer*in: Simone Jakob
Genre: Sonstige Belletristik
Verlag: List (Ullstein Buchverlage)
ISBN-13: 978-3471360262
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 368 Seiten
Preis: 24,99 €
Erschienen: 19. Oktober 2022

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Jennifer Saint begeisterte sich schon als Kind für die griechische Mythologie, und während ihres Studiums der Altphilologie am King’s College in London hat sie ihre Liebe zu den antiken Sagen vertieft. Als Englischlehrerin versucht sie die Faszination für Geschichten aller Art und die reiche Erzähltradition seit Homer zu vermitteln. Jeder Erzähler hat die antiken Stoffe für sich neu interpretiert. Jennifer Saint stellt die weibliche Heldin in den Mittelpunkt.

Quelle: Ullstein Buchverlage


Jennifer Saint fasst kompakt den Inhalt der Tragödie zusammen und vermittelt auf einfache Weise den Mythos rund um den Fluch des Hauses der Atriden.
Lesen überall

Es liest sich sehr gut und durch die spannenden Punkte rund um die Schicksale der verschiedenen Frauen, ist es für mich ein echter Pageturner gewesen.
Buchjuwelen

Elektra – die hell Leuchtende ist eine wirklich spannende und zutiefst bewegende Neuerzählung, die unbedingt gelesen werden sollte.
Lexis Little Library

Ich mochte an dem Buch zum Beispiel die feministischen Ansätze, aber trotz der Tode und Katastrophen ließ es mich eher kalt.
Emkeyseven Books

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2 Kommentare

  1. Hallo Bella,

    also gleiches Thema…nur mit einer, anderen heran gehendsweise und Auslegung.

    LG…Karin..

    • Liebe Karin,

      genau – gleiches Thema und trotzdem spannend zu lesen, da hier ganz anders herangegangen wird und auch der Erzählstil ein ganz anderer ist.

      Herzlichst
      Bella

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