{Rezension} Galatea von Madeline Miller


Lesedauer: 4 Minuten

Gefangen in einem Gemach, hoch oben auf der Spitze der Klippen, wird eine wunderschöne Frau Tag und Nacht von einer Schwester und einem Arzt überwacht. Ihr Ehemann Pygmalion kommt sie des Nachts besuchen, um immer wieder von neuem die Metamorphose seiner Schöpfung zu erleben und Galatea wird von Stein zu Fleisch. Ihr einsames Schicksal erträgt Galatea still und zum Schutz ihre Tochter Paphos, die aus den glücklichen Tagen ihrer Ehe stammt, und der sie die Freiheit wünscht, die sie nie hatte.

Nach ihren erfolgreichen und prämierten Romanen »Das Lied des Achill« und »Ich bin Circe« bedient sich Madeline Miller für die Erzählung über des Bildhauers Pygmalions makellose Frauenstatue der Kurzgeschichte »Galatea«.

Der Kurzgeschichte liegt Ovids Mythos über den Frauen hassenden Bildhauer Pygmalion zugrunde, der sich voller Abscheu von dem lüsternen weiblichen Geschlecht abwendet und schließlich eine wunderschöne Elfenbeinstatue erschafft, in die er sich verliebt. Die Liebesgöttin Aphrodite erfüllt Pygmalion seinen Wunsch und erweckt die Statue zum Leben. An dieser Stelle knüpft Madeline Miller mit ihrer Kurzgeschichte an und erzählt, wie das Schicksal der Frau hätte aussehen können.

Zum ersten Mal erhält die stumme Figur des Pygmalion-Mythos eine Stimme und zugleich auch einen Namen – Galatea – und durch eine kurze Einführung der Autorin gelingt, auch ohne Vorkenntnisse, der Einstieg in ihre Erzählung problemlos. Stilistisch passt sich Miller an ihre Erzählung an und bleibt im Vergleich zu ihren berührend und gefühlvoll erzählten Romanen neutral, wie Stein. Doch gerade durch diese kühle Distanziertheit wird die Aussagekraft der Geschichte noch verstärkt und tritt klar zutage.

Das Martyrium von Galatea entsteht durch einen Mann, der sich in die unbefleckte Schönheit seiner eigens erschaffenen Statue verliebt, doch seiner durch die Gunst der Götter zum Leben erweckten Traumfrau keinerlei Eigenständigkeit und freies Leben zugesteht. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht Galatea sich gegen Pygmalion zu wehren und aus ihrem Gefängnis zu befreien und kämpft auch sehr für die Bildung ihrer Tochter Paphos. Für das Glück und die Freiheit ihres Kindes ist Galatea bereit, alles zu opfern. Damit setzt Miller ein starkes Gegengewicht zur Ausnutzung von Pygmalions patriarchaler Macht.

Ein Nachwort lässt die Erzählung zudem noch besser in ihrer Bedeutungskraft einordnen und sollte auf keinen Fall überblättert werden. Erwähnenswert sind zudem die herrlichen Illustrationen von Thomke Meyer, welche die Essenz der Geschichte stimmungsvoll einfangen und das Büchlein zu einem richtigen Kleinod machen.

Die Kurzgeschichte »Galatea« lässt sich im Umfang zwar nicht mit Millers Romanen messen, steht diesen jedoch in Sachen Aussagekraft in nichts nach. Dennoch hätte ich mir an mancher Stelle etwas mehr Details gewünscht.


Madeline Miller verleiht hier dem Pygmalion-Mythos eine authentische weibliche Perspektive mit Wow-Effekt. Ein eindringliches Werk, bezaubernd illustriert, und einfach lesenswert!

★★★★½

*WERBUNG*


Titel: Galatea
Originaltitel: Galatea
Autor*in: Madeline Miller
Übersetzer*in: Ursula C. Sturm
Illustrator*in: Thomke Meyer
Genre: Belletristik
Verlag: Eisele Verlag
ISBN-13: 978-3961611416
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 80 Seiten
Preis: 20,00 €
Erschienen: 19. Oktober 2022

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Madeline Miller studierte Altphilologie an der Brown University in Providence, USA, und Dramaturgie an der Yale School of Drama, wo sie sich auf die moderne Adaption klassischer Texte spezialisierte. Später unterrichtete sie in Cambridge Latein und Griechisch. Für ihren Debütroman Das Lied des Achill wurde sie 2012 mit dem Orange Prize for Fiction ausgezeichnet, er schaffte es zudem auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste. Auch ihr zweiter Roman Ich bin Circe avancierte zum New York Times Bestseller und stand auf der Shortlist des Women’s Prize for Fiction. Ihre Bücher wurden in über 30 Sprachen übersetzt.

Quelle: Eisele Verlag


Was ich an Madeline Miller schätze ist, dass sie Stil und Stimmung an ihre Figuren anpassen kann.
Miss Pageturner

Brillant geschrieben! Und was man hier nicht vergessen darf, es ist sehr schön von Thomke Meyer illustriert.
Tiefseezeilen

So kurz die Geschichte und Neuinterpretation des Mythos ist, so stark wirkt sie nach […]
Miss Mesmerized

Ich muss gestehen, mit „Galatea“ hat sich Madeline Miller endgültig in mein Herz geschlichen.
Behind the Books

Booknerds

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4 Kommentare

  1. Hallo liebe Bella,

    irgendwie finde ich das die Frau/Dame auf dem Cover gar nicht so weiblichen in ihren Gesichtszügen mir persönlich erscheint/rüberkommt…..oder täusche ich mich da nur…?

    LG..Karin..

    • Es gibt nun mal auch Frauen, die nicht so weiche Gesichtszüge haben. Ich bin mit der Geschichte von Galatea nicht sehr vertraut, weshalb ich nicht sagen kann, warum ihre Gesichtszüge nicht ganz so weich sind.
      Ich vertraue hier ganz auf Bellas Beschreibung.

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