{Rezension} Baby Jane von Sofi Oksanen


Lesedauer: 4 Minuten

Die junge Ich-Erzählerin verliebt sich in Piki, die wohl coolste und charmanteste Lesbe Helsinkis. Gemeinsam träumen sie nach lang durchzechten Partynächten von den einfachen Dingen des Lebens, und gemeinsamen Ausflügen. Als die geplanten Ziele jedoch von Piki immer weiter verschoben werden, beginnt sie ihr Geheimnis zu erahnen. Piki leidet an einer Angststörung, die ein normales Leben unmöglich machen, das Haus zum Gefängnis machen und sie die einfachsten Dinge, wie einkaufen gehen nicht ausführen kann. Die Abhängigkeit von ihrer Exfreundin Bossa, welche sich um den Einkauf und das Wäschewaschen kümmert, belastet die Beziehung zunehmend zu den finanziellen Problemen der Frauen, bis der Konflikt nicht mehr abzuwenden ist.

Mit ihrem eindringenden Roman »Hundepark« über die Leihmutterschaft in der Ukraine habe ich die Schriftstellerin Sofi Oksanen mit estnischen und finnischen Wurzeln für mich entdeckt. Natürlich wollte ich mir da auch nicht ihr früheres schriftstellerisches Werk »Baby Jane«, welches im Original bereits 2005 erschienen ist, entgehen lassen.

Der Buchtitel deutet auch gleich die Anlehnung an Robert Aldrichs Film ›Was geschah wirklich mit Baby Jane?‹ an, jedoch kann ich hierzu keinerlei Parallelen ziehen, da ich den Film nicht gesehen habe und mir die Handlung daher auch nicht gänzlich bekannt ist, aber es scheint auf das Kernthema von Oksanens Roman hinzudeuten.

Aus der Ich-Perspektive einer jungen Frau in den 1990er Jahren erzählt, erfährt man von der Liebesbeziehung zwischen der Erzählerin und der coolen Lesbe Piki. Die berauschende Zeit einer neuen Liebe, bei der man alles durch eine rosarot getünchte Brille wahrnimmt, wird jedoch schnell vom Alltag eingeholt. Beide Frauen leiden an Depressionen und erst später erkennt die Erzählerin, dass es um Piki noch schlechter steht, denn zusätzlich macht es ihre eine Angststörung unmöglich, die Wohnung zu verlassen und ganz alltägliche Tätigkeiten zu bewerkstelligen.

Piki ist abhängig von ihrer Exfreundin Bossa, die ebenfalls nur um die Ecke wohnt und mit ihrer Hilfe auch in die intimsten Bereiche ihrer Beziehung eindringt. Während das Pärchen eine gewinnbringende Idee umsetzt, um sich aus ihrer finanziellen Notlage zu befreien, zerbröselt durch die ständig dritte Person in ihrem Leben die Beziehung zusehends.

Das alles wird in einer Retrospektive betrachtet, denn mittlerweile ist die Erzählerin in einer einseitigen Beziehung mit einem Mann gelandet, die einzig den Vorzug hat, dass sie sich ihrer Depression in langen Bädern hingeben und in Erinnerungen an ihre Zeit mit ihrer großen Liebe Piki schwelgen kann.

In der Gesamtkomposition um die starken Auswirkungen und Beeinträchtigungen von psychischen Krankheiten und der Gefährlichkeit von toxischen Beziehungen nimmt Sofi Oksanen kein Blatt vor den Mund und zeigt auf, wie brutal diese Krankheit für die darunter Leidenden tatsächlich ist. Trotzdem war die spannend aufgestellte Story trotz Oksanens erzählerischen Talentes nicht ganz rund. Es gab holprige Übergänge und einige lose Fäden, die zum Ende hin nicht fachgerecht vernäht wurden.


Intensiv erzähltes Stück über psychische Leiden und die Gefahr toxischer Beziehungen. Sofi Oksanen kommt mit diesem früheren Werk allerdings noch nicht ganz an ihre Qualität von »Hundepark« hin.

★★★☆☆

*WERBUNG*


Titel: Baby Jane
Originaltitel: Baby Jane
Autor*in: Sofi Oksanen
Übersetzer*in: Angela Plöger
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN-13: 978-3462004090
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 224 Seiten
Preis: 22,00 €
Erschienen: 12. Januar 2023

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Sofi Oksanen, geboren 1977, Tochter einer estnischen Mutter und eines finnischen Vaters, studierte Dramaturgie an der Theaterakademie von Helsinki. Ihr dritter Roman, »Fegefeuer«, war monatelang Nummer eins der finnischen Bestsellerliste und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Finlandia-Preis, dem Literaturpreis des Nordischen Rates und dem Prix Femina. Der Roman erschien in über vierzig Ländern und machte die Autorin auch in Deutschland zu einer der wichtigsten Vertreterinnen der internationalen Gegenwartsliteratur. Sofi Oksanen lebt in Helsinki.

Quelle: Kiepenheuer & Witsch


Sofi Oksanens zweiter Roman „Baby Jane“ birgt zweifelsohne sämtliche vereinende Merkmale ihres Œuvres: Figuren mit kontrastreichem Tiefgang, eine kritische Behandlung gesellschaftlicher Probleme, kompositorische Komplexitäten und mehrere spannende Handlungsebenen.
Literarische Abenteuer

Im Gegensatz zu Oksanens zuletzt erschienenem Roman „Hundepark“, in dem die Autorin ein mehrere Länder und Jahrzehnte umspannendes Panorama präsentierte, ist „Baby Jane“ ein reizvolles, wenn auch nicht makelloses Kammerspiel […]
Deutschlandfunk Kultur, Irene Binal

„Baby Jane“ ist ein zutiefst ehrliches Buch über die Liebe.
NDR, Katja Eßbach

„Baby Jane“ ist Oksanens zweiter Roman, ein herrlich unprätentiöses Buch.
Süddeutsche Zeitung, Susan Vahabzadeh

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3 Kommentare

  1. Hallo liebe Bella,

    ziemlich schwieriger Beziehungsstatus würde ich mal sagen da leidet doch jeder nur ……augenrollen….

    Meine zusätzliche Frage hier wäre was hat der Titel „Baby Jane“ mit der ganzen Geschichte zutun?

    LG..Karin..

    • Liebe Karin,

      der Buchtitel soll sich an Robert Aldrichs Film ›Was geschah wirklich mit Baby Jane?‹ anlehnen bzw. die Autorin zu ihrem Buch inspiriert haben. Den Film habe ich jedoch nicht gesehen, aber vielleicht kennst du ihn ja.

      Herzlichst
      Bella

  2. Hallo Bella,

    nun auch nach dem Googeln ….sagt mir dieser Film rein gar nichts….

    O.K. ..LG..Karin..

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