{Rezension} Großstadt-Oasen Trilogie von Ralf Plenz

Heute möchte ich euch eine etwas andere Trilogie vorstellen, die sich bereits durch ihr optisches Erscheinungsbild von anderen Büchern abhebt und dieses Merkmal auch im Text wiedererkennen lässt. Die Rede ist von der Großstadt-Oasen Trilogie von Ralf Plenz, der uns in seinen Büchern in die illustren Kreise der links-alternativen Szene der 80er Jahre im Hamburger Stadtteil Altona-Ottensen eintauchen lässt.

1. 2017 Das kleine Märchenbuch
2. 2018 Lebe wild und gefährlich, Arthur
3. 2019 Arthur ist gefährlich

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Titel: Das kleine Märchenbuch
Reihe: Großstadt-Oasen Trilogie (Band 1)
Autor: Ralf Plenz
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Input Verlag
ISBN-13: 978-3941905313
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 160 Seiten
Preis: 15,00 €
Erschienen: 26. September 2017

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Das kleine Märchenbuch ist ein Buch mit besonderer Ausstattung: Handschrift, Umweltschutzpapier, Titel in marmoriertem Papier sowie eingeklebte Beigabe – das war 1984 etwas Unerhörtes, Neues, Besonderes auf dem Buchmarkt. Wie kam es zu einer derartigen Produktinnovation? Wie kam es vor allem dazu, dass ein Kleinverlag davon nicht 3.000 Stück verkaufte, nicht 20.000, was ein Riesenerfolg gewesen wäre, sondern über 130.000? Wirklich märchenhaft unglaublich! Wer trug wann und wie zum Erfolg bei?

Ralf Plenz, Medienpädagoge, Fachbuchautor und einer der beiden Herausgeber des „besonderen Märchenbuchs“ sowie Mitbegründer der Druckwerkstatt Ottensen, geht 33 Jahre später diesen Fragen nach. Er beantwortet sie verständlich, unterhaltsam und neugierig. Eine seiner Antworten: Hamburg-Ottensen war in diesen Jahren ein Nährboden der alternativen und linken Kultur, der Grünen und vieler interessanter Menschen.

Der erste Teil der Großstadt-Oasen Trilogie beginnt recht ungewöhnlich, denn »Das kleine Märchenbuch« ist mit keinem typischen Romanstoff vergleichbar. Vielmehr taucht man in diesen 160 Seiten ganz tief in die Entstehungsgeschichte eines Märchenbuches ein, dass 1984 durch eine interessante Zusammenarbeit und mit viel Liebe für Kalligraphie sowie einem Auge für Details in einem kleinem Verlag aufgelegt wurde. Ehrlich gesagt hat mich dieses Buch nun unglaublich neugierig auf die damalige Publikation gemacht und der beigefügter Auszug aus dem Märchenbuch ist zauberhaft.

Die Kapitel lesen sich flüssig und es war unglaublich spannend den umfangreichen Prozess bis hin zum Endprodukt mitzuverfolgen. Die Texte erinnern durch die Einteilung und auch die Schreibweise des Autors eher an einen Artikel als einen Roman. Daher habe ich trotz den spannenden Hintergründen, die der Blickwinkel des Verlegers offenlegt, den Grundstein zu einer Trilogie vermisst. Für mich hat sich »Das kleine Märchenburch« eher als eine Art Beiwerk zu den Großstadt-Oasen Romanen angefühlt, was sich auch beim Lesen der zwei weiteren Teile verfestigte.

Bei diesem Trilogieauftakt werden zwar bereits einige der beteiligten Protagonisten erwähnt, doch ich konnte noch keinerlei Verbindung zu ihnen aufbauen und somit hat für mich die Gechichte eigentlich erst so richtig mit dem nächsten Band »Lebe wild und gefährlich, Arthur« begonnen.

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Titel: Lebe wild und gefährlich, Arthur
Reihe: Großstadt-Oasen Trilogie (Band 2)
Autor: Ralf Plenz
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Input Verlag
ISBN-13: 978-3941905320
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 272 Seiten
Preis: 19,00 €
Erschienen: 9. Juni 2018

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Sechs Chronisten erleben die Revolution des Druckgewerbes im Hamburg der Achtzigerjahre, sie wirken an der Erfindung der Datenmaschine mit. Sie begleiten die Musik- und Kunstszene, erleben die Punks vom Spritzenplatz und glauben an ewiges Leben durch besondere Ernährung und Yoga. Sie sind Teil des quirligen Hamburger Stadtteils mit der besonderen links-alternativen Szene: Altona-Ottensen.

Fünf Wohngemeinschaften sind die Lebenswelt der Protagonisten, die sich durch einen äußerst wertvollen Geheimbund miteinander verbunden fühlen.

Im zweiten Band der Trilogie taucht man in das Leben im Hamburger Stadtteil Altona-Ottensen und die Vernetzungen der links-alternativen Szene so richtig ein. Ralf Plenz Schreibstil wandelt sich hierbei zu einer gesellschaftlichen Betrachtung in deren Mitte eine Gruppierung von sechs Freunden steht, die sich die »Isokratiker« nennen und sich niemals über private Angelegenheiten bei ihren Treffen austauschen, sondern ihren Fokus stets auf politische und künstlerische Diskurse lenken.

Ich persönlich brauchte etwas Zeit um mich in dieses lose feundschaftliche Konstrukt fallen zu lassen, denn die einzelnen Charaktere setzen sich erst nach und nach zu einem erfassbaren Bild zusammen, die sich im Handlungsrahmen kreuz und quer bewegen. Die Geschichte an sich ist eher ruhig gehalten und legt ein Zeitzeugnis über die 80er Jahre und die Menschen mit ihren Gefühlen, Gedanken und Meinungen ab. Dabei kommen gerade die Aspekte der Nachhaltigkeit, die die alternative Szene prägte überhaupt nicht verstaubt daher – sondern sind zu Zeiten des Klimanotstandes aktueller denn je.

Durch »Lebe wild und gefährlich, Arthur« vermittelt Ralf Plenz dem Leser das Gefühl in der Zeit zurückgereist zu sein und selbst inmitten der »Isokratiker« zu stehen, mit ihnen den Bioladen und das Café um die Ecke zu einem Plausch zu besuchen oder eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Zwischendurch schleichen sich zwar ein paar Längen ein, wer sich aber für ein lebendig gezeichnetes Gesellschaftsbild der 80er Jahre in Hamburg interessiert, sollte bei diesem Buch unbedingt zugreifen.

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Titel: Arthur ist gefährlich
Reihe: Großstadt-Oasen Trilogie (Band 3)
Autor: Ralf Plenz
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Input Verlag
ISBN-13: 978-3941905337
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 360 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 1. Juni 2019

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Wer ist Arthur? Diese und andere Fragen beschäftigen die sechs Chronisten 1984 in der Großstadt-Oase Hamburg-Ottensen. Gesundheitlich angeschlagen, auf der Suche nach therapeuthischer und medizinischer Hilfe, lösen sie die Anagramme um Arthur und erkennen den unschätzbaren Wert von Freundschaft.

Ausblicke auf das Jahr 2020 geben dem dritten Teil des vielgelobten Roman-Debüts von Ralf Plenz eine aktuelle Komponente.

»Isokratiker, das klingt verdammt gut. Isokratiker, das zergeht auf der Zunge. Nicht nur wegen der Gesprächstiefe, die wir in unseren Treffen immer wieder zeigen, nicht nur wegen der rhetorischen Wendungen, sondern insbesondere auch wegen der philosophischen Tiefe.«
Arthur ist gefährlich, Seite 63

Der Abschlussband der Großstadt-Oasen Trilogie »Arthur ist gefährlich« war für mich am spannensten zu lesen. Nachdem man im zweiten Band die sechs Chronisten besser kennen lernte und diese mir ans Herz gewachsen waren, spannt Ralf Plenz in diesem Abschlussband einen spannenden Bogen auf einer weiteren Ebene. Dazu wird zwar auf Handlungsstränge aus dem zweiten Band zurückgeriffen, diese aber in einem anderen Licht beleuchet.

Die »Isokratiker« haben mit Problemen psychischer Natur zu kämpfen die sich z. B. in Alkoholmissbrauch auswirken. Unabhängig voneinander suchen sie Hilfe bei Therapeuten, denn in ihrer besonderen Freundesclique gilt nach wie vor die Regelung über keinerlei private Angelegenheiten zu sprechen was Beziehungen und natürlich auch Gesundheitsprobleme mit einschließt.

Durch die Perspektive der behandelnden Psychologin eröffnet sich in diesem Abschlussband ein zusätzlicher Blickwinkel auf das Jahr 1984, welche Erfolge und Niederlagen die »Isokratiker« zu verzeichnen hatten, welche Auswirkungen das auf sie selbst und ihr näheres Umfeld hatte und welchen Einfluss die Mystik des »geheimen« Freundschaftbundes auf aussenstehende Personen ausübt. Abschließend wird eine Brücke zur nächsten Generation, zu den der Kinder der »Isokratiker« geschlagen, die für meinen Geschmack im Verhältnis zu dem Blick auf die 80er Jahre etwas zu kurz gekommen ist.

Bücher vermitteln so vieles, auf so vielfältige Art und Weise, dass sie eigentlich nicht mit dem Genuss eines schönen Abends oder einer durchgemachten Nacht vergleichbar sind.
Arthur ist gefährlich, Seite 335


Eine besondere Trilogie, die eine alternative Generation zu den 80er Jahren abbildet und vor dem geistigen Auge lebendig werden lässt.

★★★½☆

Jahrgang 1955, Studium Medienpädagogik in Bonn, Diplom 1979. Hamburg: Tätigkeiten als Grafiker und Inhaber einer Druckerei, seit 1989 als Unternehmensberater, seit 2001 als Oberstudienrat im Medienbereich. Verleger des Input-Verlags seit 1994. Veröffentlichung etlicher Fachbücher als Herausgeber und Autor. Belletristik: Roman-Trilogie Großstadt-Oasen 2017–2019.

Quelle: Amazon


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