{Rezension} Die Symphonie der Sterne von Ruth Kornberger


Lesedauer: 4 Minuten

Mit zweiundzwanzig Jahren folgt die Deutsche Caroline Herschel ihrem Bruder Wilhelm von Hannover nach England, um dort ihrem Traum, der Astronomie, nachzugehen. Zunächst verdient sie ihren Unterhalt als Sängerin in den Opernsälen der Kurstadt Bath und beobachtet bis spät in die Nacht den Sternenhimmel. Gemeinsam mit ihrem berühmten Bruder Wilhelm macht sie erstaunliche Entdeckungen und gelangt sogar bis an den englischen Königshof. Doch Caroline möchte nicht für immer im Schatten ihres älteren Bruders stehen, und so kann sie an ihrem Lebensabend, zurück in ihrer Geburtsstadt Hannover, auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken, welches sogar die Klatschpresse anlockt.

Ruth Kornberger konnte mich mit ihrem beachtlichen Debütroman »Frau Merian und die Wunder der Welt« für sich gewinnen, sodass ich mir natürlich auch ihr neuestes Werk, »Die Symphonie der Sterne«, nicht entgehen lassen durfte.

Kleine und nahe Dinge bereiteten nur Verdruss. Caroline stand der Sinn nach Großem und Fernem.
Seite 42

Auch in ihrem zweiten Roman erzhält Ruth Kornberger die fesselnde Geschichte einer deutschen Wissenschaftlerin, dieses Mal, die der Caroline Herschel, welche 1750 in Hannover geboren wurde und gemeinsam mit ihrem älteren Bruder in England erfolgreich den Sternenhimmel erforschte.

Zwei Erzählebenen lassen die Persönlichkeit und das Leben der Caroline Herschel lebendig werden.
Zum einen trägt sich die Handlung im 19. Jahrhundert im Alterssitz von Caroline bei ihren Verwandten in Hannover zu, wo sie ihre Memoiren verfassen möchte, und zum anderen erfahren wir von ihrem ereignisreichen Leben und Wirken Ende des 18. Jahrhunderts, auf ihrem Lebensmittelpunkt in England. Dabei vermischt Ruth Kornberger gelungen historische Fakten mit einer fiktionalen Romanze. Aufschluss dazu gibt ein Anhang mit Informationen und Belegen hierzu.

Ausgesprochen gut gelungen ist es der Autorin, ein authentisches Bild der Lebensumstände einer jungen Frau im 18. Jahrhundert zu zeichnen, die sich nicht mit dem üblichen Frauenschicksal, ungebildet für Küche und Kinder zu leben, abfinden will. Wie viel es Caroline abverlangen wird, mit Zielstrebigkeit und Disziplin an ihrem Traum festzuhalten, wird immer wieder in die Geschichte eingeflochten. So ist sie als ledige Frau von der Gunst ihres älteren Bruders Wilhelm abhängig, dessen Charakterzüge dem sinnbildlichen chaotischen Wissenschaftler entsprechen.

Die Bindung zwischen Caroline und Wilhelm nimmt den größten Raum im Roman ein, sind sie voneinander doch auf unterschiedliche Weise abhängig und bilden eine ungleiche Symbiose. Während Caroline ihre Freiheiten nur durch die Führung des Haushaltes ihres Bruders Wilhelm erhält, ist dieser wiederum auf ihre kostenlose Arbeitskraft als seine Assistentin bei der Erforschung des Sternenhimmels angewiesen. Die mögliche Heirat Wilhelms schwebt dabei lange Zeit über Caroline wie ein Damoklesschwert, bis sie sich schließlich tatsächlich mit einer ungeliebten Schwägerin arrangieren muss.

Die Vorstellung, Wilhelm könne sich verloben, erfüllte sie mit Angst. Wo könnte sie dann hin? Und wo sollte sie allein weiterarbeiten?
Seite 136


Die glamourösen Einflüsse, wie die Verbindung der Herschel-Geschwister zum englischen Königshaus, werden zwar angerissen, aber dann nicht tiefgehender verfolgt. Details wie Carolines Bekanntschaft mit der indischen Hofdame Miss Mehta und der Schriftstellerin Frances Burney, die derzeit ebenfalls am Hofe König Georg III. weilte, sowie ihre Begegnung mit dem Komponisten Joseph Haydn sind ebenfalls feine Randnotizen.

Leicht nachzuvollziehen, dass die Rückkehr von Caroline Herschel nach Hannover das Interesse auf Klatsch weckte und somit Einzug im Roman erhält. In der Erzählebene über das Dienstmädchen Agnes, welches danach sterbt den Fängen der niederen Knechtschaft zu entkommen und dafür seine Dienstherrin ausspioniert, hat zwar für Abwechslungsreichtum gesorgt, konnte mich jedoch nicht so sehr fesseln, wie Carolines Lebensweg in England.

Die Erde war weniger als ein Sandkorn am Boden eines Ozeans, und alle Personen zusammengenommen, waren nur ein Stäubchen, eben noch da und schon wieder aufgelöst. Wie sinnlos erschienen angesichts dessen die Grenzen und Verbote, die das irdische Leben beschränkten.
Seite 271/272


Als Gesamtpaket konnte mich die Lektüre von »Die Symphonie der Sterne« für einige wunderbare Lesestunden auf eine spannende Reise ins 18. Jahrhundert und zu der Erforschung der Sterne mitnehmen. Von mir gibt es daher eine große Leseempfehlung!


Ein herrlich recherchierter historischer Roman, der zum Eintauchen und Entdecken einlädt und gleichzeitig eine Frauenbiografie präsentiert, die ungemein inspirierend ist.

★★★★½

*WERBUNG*


Titel: Die Symphonie der Sterne
Autor*in: Ruth Kornberger
Genre: Historischer Roman
Verlag: C. Bertelsmann
ISBN-13: 978-3570104552
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 480 Seiten
Preis: 22,00 €
Erschienen: 26. Oktober 2022

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Ruth Kornberger wurde 1980 in Bremen geboren, liebt Schiffe und Geschichten über Abenteurerinnen. Mit ihrer Familie lebt sie in Weinheim. Sie ist Mitglied der Autorenkollektive Junge Literatur Mannheim und Qindie; ihre Kurzgeschichten sind in Literaturzeitschriften und Anthologien erschienen. Mit ihrem ersten Roman »Frau Merian und die Wunder der Welt« gelang ihr auf Anhieb der Einstieg in die SPIEGEL-Bestsellerliste.

Quelle: Penguin Random House


Historische Personen, gut recherchierte Fakten mit Fiktion kombiniert, machen diesen Roman zu einem Lesevergnügen für lange Winterabende.
Büchermenschen, Christiane Gryska-Birke

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2 Kommentare

  1. Ich lese das Buch gerade mit anderen zusammen im Buchclub. Bisher habe ich die ersten 66 Seiten gelesen und tue mich extrem schwer. Ich bekomme keinen Bezug zu den Personen, verwechsle gerne Catherine mit Caroline, die Zeitspürnge verwirren mich noch obenrauf… Den anderen scheint es bisher auch nicht besser zu gehen

    • Liebe Silke,

      vielen Dank für deinen ersten Leseeindruck. Ich gebe zu, durch die vielen Zeitwechsel braucht man echt ein bisschen, um in die Geschichte reinzufinden. Zumindest sind sie immer vor dem Kapitel gekennzeichnet, was es etwas erleichtert. Ich bin mir sicher, sobald ihr richtig in der Story angekommen seid, wird es leichter zu verfolgen sein.

      Herzlichst
      Bella

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