{Rezension} Das große Los von Joris Mertens


Lesedauer: 4 Minuten

Jeder hat mal einen schlechten Tag, an dem die Stimmung auf den Tiefpunkt sackt. Aber im Leben von François gibt es nur solche Tage. Er lebt allein in einer Stadt, in der es ohne Unterlass regnet, und arbeitet seit Jahren als Fahrer für eine Wäscherei – ohne jede Chance auf eine Gehaltserhöhung. Seine Abende verbringt er mit einem Bier in seinem Stammbistro oder mit einem Lottoschein, auf dem er seit 17 Jahren die immerselben Zahlen einträgt. Einsame Lichtblicke sind die kurzen Gespräche mit Maryvonne, der Kioskbesitzerin. Wenn François bloß etwas weniger schüchtern wäre, dann würde er… Ja, was eigentlich? Doch dann zieht er das große Los: Bei einer Lieferung findet er in einer imposanten Villa nicht nur ein Dutzend Leichen, sondern auch eine Tasche voller Banknoten. Endlich wendet sich das Blatt!

Joris Merstens feiert sein Comic-Debüt in Deutschland mit »Das große Los« und ist für mich eine der großen Neuentdeckungen des Jahres.

Seinem kunstvollen Stil ist anzumerken, dass er aus dem Filmgeschäft kommt, versteht er doch das Spiel mit Perspektiven und Licht, sowie die Zusammenstellung von Ausschnitten und Nahaufnahmen in Perfektion.


© Splitter Verlag/Joris Mertens

In »Das große Los« erzählt Mertens die Geschichte des Wäscherei-Fahrers François, der allein in einer Stadt lebt, die nicht eindeutig benannt wird, jedoch Ähnlichkeit mit Paris aufweist. Die Geschichte umfasst einen kurzen Ausschnitt aus seinem trostlosen Leben, der gekennzeichnet ist durch beständigen Regen, der auf dem Kopfsteinpflaster glänzt und François regelmäßig durchnässt, da er seinen Schirm ständig vergisst.


© Splitter Verlag/Joris Mertens

Die graue Tristesse wird mit warmen Farben durchbrochen, sobald François sich mit der Kioskbesitzerin Maryvonne unterhält und von einem großen Lotterie-Gewinn träumt, den er erhofft, eines Tages mit seinen seit Jahrzehnten immer gleichbleibenden Tipp-Zahlen zu ergattern.

Der Alltag des kettenrauchenden François verläuft in geregelten Bahnen und kurz vor seiner Rente erhofft er sich eine längst überfällige Lohnerhöhung. Diese bleibt jedoch aus. Stattdessen bekommt er einen frisch eingestellten Verwandten des Chefs zum Einarbeiten aufs Auge gedrückt.


© Splitter Verlag/Joris Mertens

An diesem Tiefpunkt angelangt, scheint das Schicksal endlich auf François Seite zu sein, denn bei einer Lieferung an eine Villa außerhalb der Stadt stößt er auf ein aus dem Ruder gelaufenes Spiel mit jeder Menge Leichen und einem gut gefüllten Sack voller Geld. Es scheint so, als würde sich der schüchterne François, der sich nicht traut seinen Schwarm um ein Date zu bitten, endlich etwas trauen. Wie nah hierbei Glück und Unglück liegen, findet man am besten selbst beim Lesen dieses fantastisch präsentierten Comics heraus.


Ein cineastisch und äußerst atmosphärisches Kunstwerk über den schmalen Grat zwischen Glück und Unglück.

★★★★★

*WERBUNG*

Titel: Das große Los
Originaltitel: Nettoyage à sec
Autor*in: Joris Mertens
Illustrator*in: Joris Mertens
Übersetzer*in: Axel Rothkamm
Genre: Comic
Verlag: Splitter Verlag
ISBN-13: 978-3987211423
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 144 Seiten
Preis: 35,00 €
Erschienen: 26. April 2023

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Das große Los hat zwar keine tiefgreifende Geschichte, doch unglaublich beeindruckende Bilder voller Spiegelungen und Lichtstimmungen in einer verregneten Stadt.
Nerd mit Nadel

Dank der phantastischen Atmosphäre ist „Das große Los“ tatsächlich ein großes Los der Comic-Kunst!
Nerds gegen Stephan

Das große Los ist ganz großes Kino.
Comic-Denkblase

Ein gelungener Film-Noir auf dem Papier, gut erzählt, fantastisch gezeichnet und darum rundherum zu empfehlen!
Splashcomics

„Das große Los“ ist eine wunderbar kurzweilige aber eindrückliche Tragödie eines neuen Comic-Talents.
Comic-Couch, André C. Schmechta

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3 Kommentare

  1. Liebe Steffi
    Ich habe BEATRICE von Joris Mertens im Stapel und werde es bald lesen. Diese Farben faszinieren mich unheimlich. Wenn es mir gefällt, werde ich auch „Das große Los“ genauer anschauen. Danke dir fürs Neugierigmachen :-)
    Liebe Grüße
    Sandra

    • Liebe Sandra,

      Beatrice habe ich auch auf meinem Stapel liegen und freue mich auch darauf schon sehr. Joris Mertens hat es mit Farben und Stimmung voll drauf! Habe mir sagen lassen, dass es in Beatrice aber noch weniger Text gibt. Bin sehr gespannt darauf, wie hier die Bilder dann zu uns sprechen :)

      Herzlichst
      Bella

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