{Rezension} Goldjunge von Mikael Ross


Lesedauer: 3 Minuten

1778. In Bonn fristet die Familie Beethoven ein ärmliches Dasein. Vater Johann ist bei zwielichtigen Kreditgebern verschuldet und verfällt zunehmend der Trunksucht. Nur der kleine Ludwig und sein Talent am Klavier bieten eine vage Hoffnung auf eine Besserung der Umstände. Wenn er nur endlich aufhören würde, seine eigenen Stücke zu komponieren…

Im Dezember 2020 hatte das Musikgenie Ludwig van Beethoven 250-jähriges Jubiläum, zu diesem Anlass wurde bereits im März 2020 eine Comic-Biographie unter dem Titel »Beethoven: Unsterbliches Genie« im Carlsen Verlag veröffentlicht, in der sich Peer Meter & Rem Broo auf skurrile Weise der Persönlichkeit Beethoven annehmen, und zwar an seinem Totenbett.

Auf einem ganz anderen Blatt steht Mikael Ross mit »Goldjunge«, einer weiteren Beethoven-Comic-Biographie, die Ende 2020 im avant Verlag veröffentlicht wurde und sich ausschließlich mit dem Weg des jungen Wunderknaben befasst.

Begonnen mit einer Prügelei in Beethovens Geburtsstadt Bonn, bei der er von Nachbarburschen ganz schön zugesetzt bekommt, zeichnet Mikael Ross das Zuhause des jungen Beethoven in düsteren Farben. Der junge Musikus verlor bereits früh seine Mutter und litt unter der Alkoholsucht seines Vaters, der in Ludwig vor allen Dingen eine leichte Möglichkeit, an Geld zu kommen sah – einen echten »Goldjungen« eben. Auch der Umgang mit den »Hirnfressern«, wie er seine Brüder gerne ruft, ist von Zankereien gespickt.


© avant Verlag

Die einzige Farbe kommt mit Ludwigs bezaubernder Musik in den Comic, die in überbordenden Linien und Schnörkeln aus den Instrumenten fließt. Sein Traum, einmal vom großen Mozart zu lernen, ist zum Greifen nahe als Ludwig 1786 dank eines Stipendiums nach Wien reist, doch sein zukünftiger Lehrmeister will nichts von ihm wissen und so schlägt sich Beethoven als 15-jähriger Spross alleine durch.


© avant Verlag

Mikael Ross verleiht seiner Biographie mit allerhand unterhaltsamen Szenen einen witzigen und leichtfüßigen Touch. Natürlich sind nicht alle Begebenheiten wirklich so geschehen, aber diese Ausschmückungen unterfüttern die Geschichte und tun dem Comic unheimlich gut. Besonders angetan hat es mir die kurze Episode von dem Buttenweib mit ihren Eimern, die damals so eine Art öffentliche Toilette war und dem durchfallkranken Beethoven in aller Not zur Verfügung stand.

Zwar konnte Beethoven nicht wie erhofft bei Mozart studieren, dafür nahm sich Haydn seiner an, den Ludwig mit seiner unkonventionellen Musik an den Rand der Verzweiflung brachte. Schließlich gipfelt Mikael Ross sein eindrucksvolles Werk mit Beethovens erstem öffentlichen Konzert 1795. Die Zeichnungen von Ross sind voller Schwung, sodass man förmlich die besondere Musik Beethovens erspüren kann und durch die farblichen Akzente entfaltet sich eine tolle Gesamtwirkung.


In diesem biographischen Comic fängt Mikael Ross die Jugendjahre des berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven ein. Besonders gut gefallen hat mir die unterhaltsame Note des Werkes und nicht zuletzt die Verwendung des Wiener Dialekts.

★★★★☆

*WERBUNG*

Titel: Goldjunge
Autor: Mikael Ross
Genre: Comic
Verlag: avant Verlag
ISBN-13: 978-3964450418
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 192 Seiten
Preis: 25,00 €
Erschienen: 1. November 2020

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Schon von klein auf begeisterter Comicleser und -zeichner kommt Mikael Ross erst über Umwege zur Neunten Kunst. 1984 in München geboren, absolviert er zunächst eine Ausbildung zum Theaterschneider an der Bayerischen Staatsoper. Der Umzug nach Berlin und ein Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee beeinflussen seine erste längere Erzählung Herrengedeck, die er 2008 im Eigenverlag veröffentlicht.

Während eines Auslandsjahres an der Brüsseler Hochschule für Bande Dessinée, ESA Saint-Luc in Brüssel, lernt er den belgischen Szenaristen und Zeichner Nicolas Wouters kennen. Sie teilen die Faszination für Punk und Subkultur. Zusammen schrieben und zeichneten die beiden die Graphic Novel Les pieds dans le béton (2013), die ihre beiden rastlosen Protagonisten in die Berliner Hausbesetzerszene der Achtziger Jahre eintauchen lässt. Das Buch ist 2014 unter dem Titel Lauter Leben! im avant-verlag erschienen.

Nach zweijähriger Recherche in Neuerkerode wagt der Zeichner mit seiner neuen Graphic Novel Der Umfall einen Perspektivwechsel, und erzählt aus Noels Sicht von den Tiefschlägen und Höhenflügen eines jungen Mannes mit geistiger Behinderung.

Quelle: avant Verlag


Die Graphic Novel „Goldjunge“ verbindet die extremen Pole in der Biographie eines jungen Künstlers mit souveräner Leichtigkeit, und das in einer tollen Bildsprache und mit einer herrlich gezeichneten Hauptfigur.
BR, Niels Beintker

Comickunst

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