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In einer Nacht wird Driss Guerraoui vor seinem Diner in der kalifornischen Wüste angefahren und verstirbt noch am Unfallort. Der marokkanische Einwanderer lebt schon seit 1981 mit seiner Familie in der kleinen Wüstenortschaft und seine Tochter Nora glaubt nicht an einen Unfall. Als Nora versucht die wahren Hintergründe der Unfallnacht ans Licht zu bringen, stößt sie dabei auf Zusammenhänge, die den Vorfall neu beleuchten aber auch auf Dinge, die ihren Vater von einer ganz anderen Seite zeigen…
In ihrem Roman »Die Anderen« erzählt Laila Lalami eine berührende Familiengeschichte, eine Liebesgeschichte und auch ein klein wenig eine Kriminalgeschichte. Dabei zeichnet die Schriftstellerin ein gesellschaftliches Porträt einer Kleinstadt in der kalifornischen Wüste und dem Rassismus in der westlichen Welt.
Ich hatte in dieser Stadt früh gelernt, dass die Brutalität eines Mannes mit Namen Mohammed nur selten in Zweifel gezogen wurde, seine Menschlichkeit dagegen immer erst bewiesen werden musste.
Seite 232
Für mich ist Laila Lalamis Buch in erster Linie ein Familienroman, denn auch wenn Nora und ihr alter Schulfreund Jeremy den meisten Raum in der Geschichte erhalten, kommen auch die restlichen Familienmitglieder und weitere involvierte Protagonisten zu Wort.
»Seine Liebe war von Freiheit geprägt gewesen, während die meiner Mutter einem Krieg glich, den sie täglich führte, um mich zu etwas anderem, Besseren zu machen.«
Seite 272
Es entsteht ein umfassendes Bild der Einwandererfamilie, die sich im Kern mit ihren Problemen, Sorgen, Ängsten, Streitigkeiten aber auch in ihrer Liebe, Verbundenheit und Zusammenhalt nicht von einer einheimischen amerikanischen Familie unterscheiden lässt – und doch sind sie ›Die Anderen‹.
Die Perspektivwechsel sind geschickt gewählt und tragen den größten Anteil an der subtilen Spannung der Geschichte. Das gesellschaftliche Porträt ist gespickt mit diversen Szenen, die gekonnt zeigen, wie sehr Rassismus in der westlichen Welt verankert ist und welche Auswirkungen Intoleranz, Missgunst und Neid hinterlassen.
Ich habe es sehr genossen, mich von Laila Lalami auf eine emotionale und fesselnde Reise in die Wüste mitnehmen zu lassen und die interessanten Protagonist*innen haben mich fasziniert. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich allerdings noch, denn für meinen Geschmack wurde es an mancher Stelle etwas übertrieben, indem noch weitere gesellschaftliche Themen (wie z. B. Patchworkfamilie, Homosexualität, posttraumatische Belastungsstörungen bei einem ehemaligen Marine) angeschnitten werden – das hätte die Geschichte in meinen Augen nicht nötig gehabt, trägt allerdings auch zu einem komplexeren Gesamtbild bei.
Ein mitreißender Familienroman der unter die Haut geht.
Titel: Die Anderen
Originaltitel: The Other Americans
Autor: Laila Lalami
Übersetzer: Michaela Grabinger
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Kein & Aber
ISBN-13: 978-3036958330
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 432 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 16. März 2021
Laila Lalami wurde in Rabat geboren und hat in Marokko, Großbritannien und den Vereinigten Staaten studiert. Sie ist Pulitzer-Preis-Finalistin und Autorin von vier Romanen und zahlreichen Essays, die u. a. im Guardian und der New York Times erschienen sind. Die Anderen stand auf der Shortlist des National Book Award. Laila Lalami ist Professorin für kreatives Schreiben an der University of California und lebt in Los Angeles.
Quelle: Kein & Aber
Insgesamt ein spannendes, unterhaltsames und kluges Buch von einer großen amerikanischen Erzählerin. Ein moderner und bewegender Roman, den ich allen Leser*innen empfehlen möchte!
The Read Pack
[…] »Die Anderen« von Laila Lalami | Gegenwartsliteratur | Eindruck: 4 Ein mitreißender Familienroman der unter die Haut geht und mit einem gesellschaftliche Porträt überzeugt, das zeigt, wie sehr Rassismus in der westlichen Welt verankert ist und welche Auswirkungen Intoleranz, Missgunst und Neid hinterlassen. […]