{Rezension} Der große Gatsby von F. Scott Fitzgerald (illustriert von Adam Simpson)


Lesedauer: 5 Minuten

New York im Rausch der goldenen Zwanziger. In den Vororten der aufstrebenden Stadt tummeln sich die Reichen und Schönen. So auch der millionenschwere Neureiche Jay Gatsby, der in seiner riesigen Villa auf Long Island glamouröse Partys für die New Yorker Gesellschaft schmeißt. Während die ungeladenen Gäste, darunter auch so einige Berühmtheiten, ohne jemals eine Einladung erhalten zu haben, bei ihm ein und aus gehen, wünscht er selbst sich nichts sehnlicher, als die Vergangenheit neu zu gestalten. Seine große Liebe Daisy Buchanan wohnt in der Bucht von East Egg, direkt gegenüber seines Anwesens, und Gatsby setzt alles daran, die bereits verheiratete Jugendliebe zurückzugewinnen.

Zu seiner Zeit konnte F. Scott Fitzgerald mit »Der große Gatsby« (1925) keinen großen Erfolg feiern, vielmehr begann damit sein schriftstellerischer Abstieg. Erst nach dem frühen Tod Fitzgeralds und der Wiederentdeckung dieser tragischen Liebesgeschichte hielt das Werk Einzug im Kanon der Weltliteratur.

Auch Hollywood entdeckte das Potenzial der faszinierenden Geschichte, die gekonnt die Dekadenz der Zeit der Roaring Twenties, vor dem großen Börsencrash 1929, konserviert. So schlüpfte bereits 1974 Robert Redford in die Rolle des schillernden Jay Gatsby und in der Neuverfilmung von 2013 verkörpert kein Geringerer als Leonardo DiCaprio den galanten Gastgeber rauschender Partys.

Doch zurück zur etwas mehr als 200 Seiten starken Romanvorlage von F. Scott Fitzgerald, die in der illustrierten Schmuckausgabe des Reclam Verlags ganz schön was hermacht.

Der Ich-Erzähler Nick Carraway zieht in die Nachbarschaft des großen Gatsby und blick in seiner Erzählung auf die dramatischen Ereignisse zurück, welche sich Anfang der 1920er Jahre in New York und dem von Reichen bevölkerten Long Island zutrugen. Dabei wird ein scharfes Bild der damaligen wohlhabenden und vergnügungssüchtigen Gesellschaft gezeichnet, die in Saus und Braus lebten, um sich von der Belanglosigkeit ihres Lebens abzulenken.

Nick Carraway gehört hingegen nicht zu dieser im Überfluss lebenden Gesellschaft, sondern wird erst vom amerikanischen Traum nach New York gelockt, wo er als Börsenmakler darauf hofft, auch ohne fachlichen Kenntnisse das große Geld zu machen. Durch seine wohlhabende Cousine Daisy und deren superreichen Ehemann Tom und nicht zuletzt durch seinen neuen Nachbarn Jay Gatsby, erhält Nick Zugang zur glitzernden Welt des Geldes. Dass der Schein jedoch oftmals trügt, wird durch diesen Roman jedoch aufgedeckt.

Zusammen mit Nick wird die Leserschaft von den Auswüchsen des rauschenden Lebens der High Society in den Bann gezogen. Nick bleibt dabei jedoch in der Rolle des Beobachters und mischt sich nicht zu sehr in das Geschehen ein, sodass er zwar mit der Zeit zu einem engen Freund Gatsbys wird, aber die Entwicklung der Story nicht weiter beeinflusst.

Mit diesem Erzählstil sowie der ›karg‹ gehaltenen Beschreibungen vermag F. Scott Fitzgerald zwar keine emotionale Nähe zu den Charakteren zu schaffen, dafür gelingt es ihm aber wunderbar, auch durch ungeschriebene Ausführungen, genau den Eindruck zu vermitteln, auf den er abzielt. Als besonders dicht und realistisch habe ich die Atmosphäre der 1920er Jahre, gespeist aus erdrückender Schwermut und einem ausgelassenen Lebensstil, empfunden. Dies rührt sicherlich nicht zuletzt daher, dass sich in »Der große Gatsby« auch autobiografische Einflüsse aus F. Scott Fitzgeralds eigenem Leben einfinden.

Die grafische Gestaltung im Art Déco Stil verstärkt die Wirkung dieses Klassikers noch einmal und mit den teilweise großformatigen Illustrationen von Adam Simpson lässt sich noch besser in die Zeit der Roaring Twenties eintauchen.

Noch eine kleine Anmerkung zur Übersetzung von Hans-Christian Oeser möchte ich hierbei anbringen, denn durch die gelungene Darbietung von Leonardo DiCaprio klingt mir der oft verwandte Ausdruck Gatsby ›alter Knabe‹ noch in den Ohren, in dieser Übersetzung wird daraus allerdings der etwas modernere Ausdruck ›Sportsfreund‹. Das finde ich etwas schade, da es meiner Meinung einfach nicht so gut zum Zeitgeist der Geschichte passt. Allerdings gibt es noch einen Pluspunkt für diese wunderschöne Ausgabe, denn im Anhang findet sich ein aufschlussreiches Glossar, durch das sich die Anspielungen F. Scott Fitzgeralds nachlesen lassen.

Der mondäne Klassiker »Der große Gatsby« von F. Scott Fitzgerald ist fast jedem ein Begriff. Die schriftstellerische Finesse des extravaganten Lebemanns findet zwar auch hier Einzug, ob es zu seinen besten Büchern zählt, sei offen gelassen. Mir hat die tragische Story über eine verlorene Liebe, gut gefallen, auch wenn die wenigsten der Charaktere symphatische Wesenzüge vorzuweisen haben. Umso deutlicher tritt die Enttarnung des American Way of Life zu Tage.


Ein bedeutender Roman über die schillernde Zeit der 1920er Jahre, in dem deutlich die Schattenseiten zu Tage treten. Zu Recht ein Klassiker und in dieser wunderschönen Schmuckausgabe auch hervorragend als Geschenk geeignet.

★★★★☆

*WERBUNG*

Titel: Der große Gatsby
Originaltitel: The great Gatsby
Autor*in: F. Scott Fitzgerald
Illustrator*in: Adam Simpson
Übersetzer*in: Hans-Christian Oeser
Genre: Klassiker
Verlag: Reclam
ISBN-13: 978-3150114308
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 238 Seiten
Preis: 28,00 €
Erschienen: 13. Juni 2022

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F. Scott Fitzgerald, wurde 1896 in St. Paul, Minnesota, geboren. Er besuchte die Princeton University und trat während des Ersten Weltkriegs der US-Armee bei. 1920 veröffentlichte er seinen ersten Roman This Side of Paradise, im selben Jahr heiratete er Zelda Sayre. Vor allem mit seinen Short Stories feierte er große Erfolge, während sich The Great Gatsby (1925) zu seinen Lebzeiten nicht gut verkaufte. Er starb 1940 im Alter von 44 Jahren und gilt als einer der wichtigsten amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Quelle: Reclam


Der große Gatsby ist ganz sicher eine meisterhafte Komposition, die von dem lebt, was nicht geschrieben steht, die eine Geschichte aus dem erzeugt, was lückenhaft ist.
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Was Fitzgerald hier geschaffen hat, ist nicht nur eine Kritik an Kapitalismus und Oberflächlichkeit, sondern vor allem eine Geschichte der Desillusionierung.
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„Der große Gatsby“ ist ein Klassiker, der mich mit seiner besonderen Stimmung und dem tollen Schreibstil wirklich in seinen Bann gezogen hat.
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Ja, Mr Fitzgerald konnte zwar mit Worten umgehen, aber dieses Buch wird meiner Meinung nach einfach nur überbewertet.
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Ein Roman, bei dessen Lektüre man ganz tief in diese „Roaring Twenties“ eintauchen kann, in dem Überschwang und Depression ganz nahe beeinander liegen.
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nous, Daniel Polzin

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2 Kommentare

  1. Hallöchen meine Liebe,

    endlich komm ich mal wieder zum Stöbern.
    Ich würde den großen Gatsby gern irgendwann einmal lesen. Hoffe immer noch, dass er mal bei der Auswahl in der Klassikerlesetruppe gewinnt. *lach
    Obwohl ich die Covergestaltung dieser Ausgabe wirklich toll finde, ist der Stil der Illustrationen nicht ganz so meins. Schön, aber wenig emotional. Doch du hast auch beschrieben, dass die Nähe zu den Charakteren in der Geschichte auch nicht wirklich aufgebaut wird.
    Ich bin übrigens überrascht, dass es so wenig Seiten sind.

    Liebe Grüße
    Tina

    • Liebe Tina,

      ja, es ist wirklich nur eine kurze Story, daher kommt man den Charakteren auch nicht nahe. Wenn du mit dem Gedanken spielst, dir eine Schmuckausgabe zuzulegen, kannst du dir ja auch noch die aus dem Coppenrath-Verlag ansehen. Vielleicht sind die Illustrationen eher nach deinem Geschmack.

      Herzlichst
      Bella

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