{Rezension} Die Tochter des Doktor Moreau von Silvia Moreno-Garcia


Lesedauer: 4 Minuten

Carlota Moreau wächst ohne Mutter bei ihrem Vater, weit entfernt von jeglicher Zivilisation, im Dschungel der mexikanischen Halbinsel Yucatán auf. Als Tochter des Wissenschaftlers Doktor Moreau pflegt sie einen ungewöhnlichen gesellschaftlichen Umgang. Eines Tages lernt sie Eduardo Lizalde kennen, der ihr zum Leidweisen seines Vaters und Geldgebers Doktor Moreaus, den Hof macht. Carlota scheint der gesellschaftliche Aufstieg sicher zu sein, doch auf dem Anwesen verbergen sich nicht nur die bekannten Geheimnisse…

Mit ihrem Schauerroman »Der mexikanische Fluch« hat die mexikanische Schriftstellerin Siliva Moreno-Garcia ihr Potenzial bewiesen und mich neugierig auf mehr gemacht. So habe ich meine Nase in ihre Neuinterpretation von H. G. Wells Science-Fiction-Klassiker »Die Insel des Doktor Moreau«, welche unter dem Titel »Die Tochter des Doktor Moreau« erschienen ist, gesteckt.

Das Originalwerk von H. G. Wells habe ich tatsächlich bisher noch nicht gelesen, steht allerdings bereits auf meiner Wunschliste (seitdem ich eine Comicadaption dazu gelesen hatte). Das Grundpersonal war mir allerdings bekannt und so war es auf jeden Fall interessant zu sehen, wie Silvia Moreno-Garcia diesen Stoff aufgegriffen hat.

Die Story spielt im 19. Jahrhundert und richtet das Hauptaugenmerk auf Carlota, die wilde und ungebändigte Tochter des Doktor Moreau, welche durch ihre Erziehung ohne Mutter und weit ab der Gesellschaft, zu ihrem willensstarken Charakter nicht unerheblich beigetragen haben dürfte. Ein großer Teil des Romans wird somit aus Carlotas Perspektive erzählt, aber um dem ganzen mehr Dymanik zu verleihen, kommt auch noch der zumeist betrunkene Hausverwalter Montgomery zu Wort.

Silvia Moreno-Garcia ist es gelungen, mich mit ihren bildgewaltigen Beschreibungen in Bann zu ziehen, denn nicht nur mit ihren Worten lässt sie den exotischen Dschungel Yucatáns lebendig werden. Zur Atmosphäre tragen sicherlich auch die spanischen Bezeichnungen einiger Begriffe (z. B. ›mayordomo‹ für Hausverwalter) bei, die stringent über den kompletten Roman verwendet werden. Auch der Charakterzeichnung von Carlota und Montgomery widmet die Autorin einige Zeit und man bekommt ein gutes Gefühl für das isolierte Leben auf dem Anwesen. Die Handlung jedoch plätschert derweil gemächlich dahin, sodass auch die Aufdeckung von Doktor Moreaus Erschaffung der Hybridwesen nicht für sonderliches Grauen oder Spannung sorgt.

In »Die Tochter des Doktor Moreau« verfolgt die Schriftstellerin einen gänzlich anderen Ansatz, indem sie einige der Hybridwesen zusehend vermenschlicht und die Linien zwischen ›monströs‹ und ›normal‹ ins Unkenntliche verwischt. Carlota und Montgomery hegen freundschaftlich soziale Beziehungen zu den Hybriden und beziehen klar Stellung. Außerdem fühlen sich beide sehr wohl in der Abgeschiedenheit von Yaxaktun und lieben den Frieden dort.

Er war nur ein Mann, der brav seine Arbeit tat. […] Doch was hatte seine Sympathie am Ende Gutes bewirkt?
Seite 379

Für mich war Carlota zwar super interessant, aber lässt man die klischeebehaftete Sauferei und Spielsucht des Helden beiseite, war tatsächlich Montgomery für mich die spannendere und reizvollere Figur.

Jedoch fehlte mir in der Vorantreibung der Handlung Hand und Fuß, denn die Geschichte scheint sich immer wieder um die eigene Achse zu drehen ohne Richtschnur. Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass keine Spannung aufkeimen möchte. Trotz dieser Defizite habe ich »Die Tochter des Doktor Moreau« sehr gerne gelesen und möchte das Buch an alle weiterempfehlen, die keinen Thriller oder Spannungsroman erwarten.


Silvia Moreno-Garcia gelingt mit »Die Tochter des Doktor Moreau« eine atmosphärisch dichte Neuinterpretation des Klassikers, die besonders durch ihre bildhafte Sprache und interessante Figuren überzeugt. Auch wenn der Handlung etwas Drive fehlt, bietet der Roman ein faszinierendes Leseerlebnis für alle, die sich auf eine ruhige, aber vielschichtige Geschichte einlassen möchten.

★★★½☆

*WERBUNG*


Titel: Die Tochter des Doktor Moreau
Originaltitel: The Daughter of Doctor Moreau
Autor*in: Silvia Moreno-Garcia
Übersetzer*in: Frauke Meier
Genre: Mythic Fiction
Verlag: Limes
ISBN-13: 978-3809027621
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 448 Seiten
Preis: 22,00 €
Erschienen: 24. Mai 2023

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Die in Mexiko geborene Kanadierin Silvia Moreno-Garcia ist als höchst vielseitige Autorin bekannt. Mit jedem ihrer Romane, darunter der Überraschungsbestseller »Mexican Gothic« (zu Deutsch »Der mexikanische Fluch«), erfindet sich Moreno-Garcia neu und meistert alle Genres – darunter den Schauerroman, den Noir-Krimi und die Science Fiction sowie die Fantasy. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem World Fantasy Award, dem Sunburst Award, dem Locus Award und dem British Fantasy Award. Sie lebt in Vancouver, British Columbia, und schreibt als Kolumnistin für die Washington Post.

Quelle: Penguin Random House


Ein eher ruhiges Buch, das sich mehr mit dem Schmerz und dem Leid der Hybriden beschäftigt, als eine wirklich neue Geschichte zu erfinden. Trotzdem lesenswert!
Buchperlenblog

Ähnlich wie bei “Der mexikanische Fluch” war es ein gutes, aber nicht herausragendes Buch.
Miss Pageturner

„Die Tochter des Doktor Moreau“ ist ein Roman, der mit dem exotischen Setting und einem interessanten Grundkonzept punktet.
Zeit für neue Genres

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