{Rezension} Der Uhrmacher in der Filigree Street von Natasha Pulley


Lesedauer: 4 Minuten

London, 1883. Thaniel Steepleton führt als Telegrafist im Innenministerium ein geregeltes Leben, bis er eines Abends auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr vorfindet. Dem Rätsel um die Uhr kommt Thaniel näher, als ein halbes Jahr später eine Bombe bei Scotland Yard hochgeht und er von der Taschenuhr rechtzeitig durch ein Alarmsignal in Sicherheit gelockt wird. Nach diesem Vorfall macht sich Thaniel auf die Suche nach dem Uhrmacher und wird in der Filigree Street fündig, als er Keita Mori begegnet. Der einsame Mann aus Japan scheint ein herzlicher Mensch zu sein, der in seiner eigenen Welt lebt, doch schon bald merkt Thaniel, dass sich mehr dahinter verbirgt…

Ein absolut magisches Debüt erwartet die Leserschaft mit Natasha Pulleys bezauberndem Fantasy-Roman »Der Uhrmacher in der Filigree Street«.

Die Magie von Pulleys Erzähltalent entfaltet sich rasch, denn hier passt jedes Wort an seinen Platz und in der Summe ergibt sich daraus ein fabelhafter Roman, der zum Wegträumen in das viktorianische England einlädt.

Der Duft von Tee empfängt einen in Thaniels Arbeitsstube und die anschaulichen Beschreibungen des Settings löste bei mir sofort ein heimeliges Wohlgefühl aus. Eigentlich ist Thaniel nichts Besonderes, doch halt – er kann Töne sehen – und als er eines Abends nach der Arbeit in der Telegrafieabteilung des Innenministeriums in sein ärmliches Zuhause zurückkehrt, findet er eine goldene Taschenuhr auf dem Kopfkissen vor.

Er hatte nie jemanden erzählt, dass er Töne sehen konnte. Gelb klingende Treppenstufen, das hätte verrückt gewirkt, und entgegen dem, was oft in der Zeitung stand, war es bei der Regierung Ihrer Majestät verpönt, Personen zu beschäftigen, die offenkundig geistesgestört waren.
Seite 11



Wie die Uhr dahingekommen sein soll und warum sie sich nicht öffnen lässt, sind die drängenden Fragen, die sich der Telegrafist stellt. Als eine Bombe im Gebäude von Scotland Yard hochgeht, rettet Thaniel wie durch ein Wunder der schrille Alarm seiner mysteriösen Uhr.

Thaniel, der bisher ein strukturiertes Leben führte, einen großen Anteil seines kläglichen Gehalts an seine Schwester schickt, die als Witwe alleine zwei Söhne zu versorgen hat, wird durch den Bombenanschlag und die Geheimnisse der Uhr schlagartig aus den Fugen gehoben.

»Er war nicht arm – er konnte sich zehn Kerzen und zwei Bäder pro Woche leisten. […] Dennoch fand er, dass es im Leben nicht nur um zehn Kerzen und zwei Bäder pro Woche gehen sollte.«
Seite 55

Als Thaniel in der Filigree Street den Uhrmacher Keita Mori ausfindig macht, beginnt ein temporeiches und Fantasie versprühendes Abenteuer durch das viktorianische London mit japanischen Einflüssen.

Das Schicksal hält für Thaniel, der im Geheimen für Scotland Yard gegen den mysteriösen Uhrmacher ermitteln soll, wahrhafte Zaubereien wie einen mechanischen, Socken stibitzenden Oktopus, Hellseherei und noch einiges mehr bereit.

Die Mischung aus kreativer Fantasy, vielschichtigen Charakteren und Themen, die uns im realen Leben beschäftigen, hat mich begeistert an den Seiten kleben lassen, gerade auch deshalb, weil es so subtil und ohne Mühe wirkt. Mitreißende Twists erhöhen die Sogwirkung der Geschichte und so ist das Buch leider viel zu schnell zu Ende gelesen. Ich brauche definitiv Nachschub!

»Tickende Taschenuhren sind wie… wie blinkende Leuchttürme.«
Seite 189

»Der Uhrmacher in der Filigree Street« zu lesen ist, wie in eine Welt voller Möglichkeiten abzutauchen – am liebsten möchte man gar nicht aufhören in den schillernden Farben von Pulleys Fantasie zu schwimmen!


Brillant, atemberaubend und ergreifend. Dieses phantastische Debüt darf man auf keinen Fall verpassen.

★★★★★

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Titel: Der Uhrmacher in der Filigree Street
Originaltitel: The Watchmaker of Filigree Street
Autorin: Natasha Pulley
Übersetzer: Jochen Schwarzer
Genre: Historische Fantasy
Verlag: Hobbit Presse (Klett-Cotta)
ISBN-13: 978-3608984750
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 432 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 18. September 2021

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Natasha Pulley, studierte in Oxford Englische Literatur. Nach Stationen im Buchhandel und bei der Cambridge University Press in den Bereichen Astronomie und Mathematik setzte sie ihre Studien in Tokyo fort. Sie erhielt ein Stipendium der Gladsone’s Library als Writer in Residence. Gegenwärtig hat sie Lehraufträge an den Universitäten von Bath und Cambridge. Ihr Debüt »The Watchmaker of Filigree Street« gewann den Betty Trask Award und wurde ein internationale Bestseller. Natasha Pulley lebt in Bath.

Quelle: Klett-Cotta Verlag


Ein ganz wundervoller Start in eine Welt, die ich unbedingt weiter entdecken möchte.
Booknapping

Alles in allem ist „Der Uhrmacher in der Filigree Street“ eigentlich ein interesanter historischer Roman, der mich aber leider eher enttäuscht hat. Vor allem auch weil ich andere Erwartungen hatte.
Nenantie

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5 Kommentare

  1. […] Ein absolut heißer Buchtipp in diesem Leseherbst ist der Debütroman »Der Uhrmacher in der Filigree Street« von Natasha Pulley, welchen ich euch sehr ans Herz legen möchte! Die Kombination aus Fantasy, Steampunk und einem Schuss Thriller liefert eine unheimlich fesselnde Mixtur, welche durch den bildhaften Erzählstil Pulley’s abgerundet wird. Außerdem darf man sich den Socken stibitzenden Uhrwerk-Oktopus Katsu nicht entgehen lassen. Meine ausführliche Besprechung zu »Der Uhrmacher in der Filigree Street« gibt es hier. […]

  2. Hi Bella,

    vielversprechend ist wohl ein zu kleines Wort für dieses Debüt, was? Deine Rezension beschreibt die Farben des Inhalts sehr gut, denke ich. Eine Empfehlung, die ich mir merke.

    Danke & Gruß
    Tina

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