In 28/7 um die Welt | Europa

Lesedauer: 7 Minuten

Willkommen an Bord bei der literarischen Weltreise von Buchperlenblog & Bellas Wonderworld »In 28/7 um die Welt«. Nach unserem Aufenthalt in Afrika darf ich euch heute auf einen Streifzug durch Europa mitnehmen. Stift und Zettel sind hoffentlich schon gezückt, für unsere nächsten Entdeckungen!


Europa, der geographisch gesehen nur ein Subkontinent ist und zusammen mit Asien den Kontinent Eurasien bildet, wird aufgrund der Historie dennoch als eigener Kontinent betrachtet und bietet als einer der dicht besiedeltsten Gebiete der Erde genügend Stoff für Geschichten. Unzählige Romane spielen in den Metropolen der Länder, doch wir möchten euch zeigen, dass es noch viel mehr zu erkunden gilt. Wir stellen euch wieder vier Bücher vor, von denen wir zwei gelesen und zwei unserer Neugier geweckt haben.

Gabriela nimmt euch mit zu unserem Nachbarland Frankreich und stößt abschließend mit einem Spannungsroman bis in den Norden vor, wo sie in Schweden Halt macht. Dann heißt es nix wie rauf aufs Wasser und weiter gesegelt bis hinauf zum nordischen Inselstaat Island, wo ich euch einen historischen Roman ans Herz legen möchte, und zwischendrin bereisen wir auch noch die mediterranen Gefilde des antiken Griechenlands.


Die Stationen:

Gabriela: Frankreich

Bella: Griechenland

Gabriela: Schweden

Bella: Island

Frankreich

Violaine Huisman – »Die Entflohene«

In europäischen Gefilden möchte ich euch zunächst mit nach Frankreich nehmen. Ein Land, eingeschlossen zwischen Atlantik und Mittelmeer, voll duftender Lavendelfelder und menschenreicher Metropolen, und doch mit jeder Menge Platz zum Träumen und Verweilen. Dass aber auch hier nicht immer nur eitel Glück und Sonnenschein vorzufinden ist, beweist die Lektüre, die ich euch mitgebracht habe.

Violaine Huisman erzählt uns nämlich von ihrer eigenen Mutter, einer Frau gleich einer Naturgewalt. Berauschend, abstoßend, wie eine immer wogende Welle aus Gefühlen, Träumen und Zweifeln.

Catherine muss ihr Leben lang kämpfen. Um die Liebe der Mutter, den Erfolg, ihre Beziehungen, um ihr eigenes Überleben. Schon als Kind fühlt sie sich zurückgelassen, allein in einem Kinderkrankenhaus, ohne den Beistand ihrer Mutter. Diese früh fehlende Bindung ist das erste Glied einer langen Kette, die aus ihr einen manisch-depressiven Menschen machen werden. Violaine Huisman, die jüngste der beiden Töchter von Catherine, rekonstruiert in einem atem(be)raubenden Lauf das Leben der eigenen Mutter, von ganz unten nach ganz oben und wieder zurück. Kein Stillstand, immer ein Kampf. Dabei beruft sie sich oftmals auf Erzählungen, die die Mutter immer wieder zum Besten gab, thematisiert sowohl ihr Liebes- als auch ihr Sexualleben ausführlich.

Wer Lebensgeschichten mag, der kommt hier voll auf seine Kosten. Denn wenn Catherine eines tat, dann war es leben. Violaine Huisman zeichnet das Bild ihrer Mutter schonungslos und ohne rosa-Brillen-Verklärung und schreibt damit eine wunderbare Hommage an ihre eigene Mutter, die so viel gab, um zu leben.

Nach ihrer Rückkehr gestand Maman, umnebelt und niedergeschlagen, dass sie es abgelehnt hatte, sich von uns in der Klinik besuchen zu lassen. Sie rechtfertigte das mit der Befürchtung, uns zu traumatisieren, worin ich im Nachhinein den Beweis erkannte, wie wichtig es für sie war, ihre Stellung, ihre Rolle als Mutter, ihre Autorität aufrechtzuerhalten, auch wenn sich gerade alles auflöste.
Sie musste um jeden Preis Mutter bleiben, das durfte ihr nicht abhandenkommen.
»Die Entflohene«, Seite 22

Griechenland

Jennifer Saint – »Ich, Ariadne«

Die nächste Station ist mit Griechenland etwas südlicher gelegen und lässt an sonnenbeschienene Olivenhaine, türkisblaues Mittelmeer und mediterranen Speisen denken, bei denen mir bloß beim Gedanken daran das Wasser im Mund zusammenläuft. Durch seine einflussreiche Rolle in der Antike wird Griechenland auch als Wiege der westlichen Zivilisation bezeichnet und ist für die legendären Sagen über ihre Gottheiten wie Zeus, Herkules und Co. bekannt.

Das antike Griechenland brachte Errungenschaften wie die Philosophie und Naturwissenschaften hervor und ist heute noch geprägt von seinen beeindruckenden Bauten wie z. B. die Akropolis als Wahrzeichen von Athen oder die auf hoch aufragendem Sandsteinfels erbauten Metéora-Klöster, die bereits für einige Filme (›James Bond‹, ›Indiana Jones‹, etc.) als atemberaubende Kulisse dienten.

Nun habe ich von den antiken Hochzeiten des südosteuropäischen Staates erzählt und möchte dementsprechend einen Roman vorstellen, der auf einer Geschichte aus der griechischen Mythologie basiert. In »Ich, Ariadne« erzählt Jennifer Saint die Geschichte von Ariadne, der Tochter von König Minos von Kreta und stellt dabei nicht die männlichen Heldenbilder in den Mittelpunkt, sondern nimmt die Prinzessin in den Fokus.

Von der grausamen Legende über den Minotaurus, der im Labyrinth des Daedalus eingesperrt ist und jedes Jahr Jugendliche Opfer dargeboten bekommt, zählt zu den weit bekannten Mythen. Ariadne beobachtet das schreckliche Schauspiel, wie Athen Jahr für Jahr weitere Jugendliche nach Kreta schickt, um diese dem Minotaurus zum Fraß vorzuwerfen. Als sie sich schließlich in Theseus, einen der Todgeweihten, verliebt, beschließt sie ihm zu helfen und schenkt ihm einen roten Wollfaden, der ihm dabei helfen soll, den Weg aus dem Labyrinth und zurück zu ihr zu finden. Theseus gelingt es tatsächlich die Herausforderung zu meistern und flieht schließlich mit Ariadne über das Meer, doch er lässt sie auf der Insel Naxos zurück….

Der Debütoman von Jennifer Saint klingt für mich nach einer wunderbar modernen Neuinpretation einer Geschichte aus der griechischen Mythologie, ganz im Stile von Madeline Millers »Ich bin Circe«, welcher Ende November bei List im Ullstein Verlag erscheinen wird. Ich bin auf jeden Fall schon sehr neugierig auf die Geschichte der kretischen Prinzessin Ariadne!

Schweden

Johannes Anyuru – »Sie werden in den Tränen ihrer Mütter ertrinken«

Schweden. Ein Land, welches uns gedanklich – und vor allem literarisch gesehen – vermutlich schnell in düstere, waldbewachsene Landschaften bringt. Ein perfider Mordfall, ein entflohener Täter – und jede Menge mysteriöse Begleitumstände. Dazu ein etwas abgehalfterter Kriminalbeamte, gern mit einer dubiosen Vergangenheit und jeder Menge Lastern – das funktioniert immer. Auch bei mir. Und trotzdem habe ich mir als Wunschstation ein Buch herausgesucht, dessen Thematik (vom Titel mal ganz zu schweigen) ebenso düster daherkommt, aber eben nicht den typischen Schwedenkrimi vermittelt.

Eine Winternacht in Göteborg. Ein Anschlag auf einen Comicshop. Unter den Attentätern: ein junges Mädchen, die das Ganze filmen und später ins Internet stellen soll. Mitten im Angriff kommen ihr Zweifel. Auf einmal ist sie sich sicher, dass falsch ist, was sie tut. Zwei Jahre später, inzwischen untergebracht in der Psychiatrie, bittet sie um ein Treffen mit einem Schriftsteller, dessen Bücher sie gelesen hat. Ihm überreicht sie ein Manuskript, in dem sie eine düstere Zukunftsvision zeichnet. Was aber will sie ihm sagen? Was ist wirklich passiert? Der Schriftsteller macht sich auf die Suche nach Antworten, spricht mit Zeugen und Opfern des Attentats. Es ist die Suche nach Wahrheit, aber auch die Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob man als Muslim noch in Schweden leben kann.

Na, was sagt ihr – klingt doch spannend und gleichzeitig erschreckend realitätsnah, oder nicht?

Island

Hallgrímur Helgason – »60 Kilo Sonnenschein«

Island, der nordwestlichste Inselstaat Europas lässt uns von einer spektakulären Landschaft, bestimmt von Vulkanen, Lavafeldern, Thermalquellen und Wasser speienden Geysiren träumen. Obwohl Island flächenmäßig der zweitgrößte Inselstaat Europas ist, zählt er zu den am dünnsten besiedelten Flecken der Welt. Kein Wunder, dass dieser verwunschen anmutenden und ungestörten Naturwelt zahlreiche Geschichten über Kobolde, Gnome, Trolle und Feen entsprungen sind. Ganz zu schweigen von der Besiedelung durch die rauhbeinigen Wikinger, die sich den Naturgewalten an diesem idyllischen Ort im Norden als Erste stellten.

Einen guten Eindruck von Land und Leuten kann man sich mit Hallgrímur Helgasons Roman »60 Kilo Sonnenschein« machen, denn in seiner Geschichte bringt der isländische Schriftsteller die historische Geschichte seines Landes auf unterhaltsame Art und Weise näher indem er sich die Wende vom 19. in das 20. Jahrhundert vorknöpft, die auf Island den Umbruch in die Moderne einläutete.

Isländer waren zäh und erfindungsreich, meistens hilfsbereit und improvisationsfähig, von allen Nationen am besten dazu in der Lage, mit überraschenden Situationen fertigzuwerden. Aber Weniges peinigte sie mehr als fixe Größen, gut vorbereitete Entscheidungen, Verträge und feststehende Pläne. Dieses Volk fühlte sich im Ungewissen viel wohler als in jeglicher Gewissheit. Es wollte sich lieber aus Notlagen retten, als sie mit Vorausschau und Vernunft zu vermeiden.
»60 Kilo Sonnenschein«, Seite 117


Der fiktionalen Geschichte über eine Gemeinschaft am ebenso erdachten nordisländischen Fjord Segulfjörður, wohnen authentische Beschreibungen der Natur und der harschen Lebenensumständen inne und bezaubert mit verschrobenen Charakteren, die das Einsiedlerdasein auf diesem entlegenen Flecken Erde wohl mit sich bringen mag.

Das ausschweifende Porträt der Traditionen ist mit Episoden angereichert, die einer gewissen Komik nicht entbehren und durch den herrlichen Erzählstil von Hallgrímur Helgason wird die Lektüre zu einem regelrechten Leseerlebnis, dass sich nicht vor dem Vergleich mit Klassikern der Weltliteratur, die den Aufdruck Jane Austen oder George Eliot tragen, scheuen.

Wir hoffen, euch hat unsere zweite Station auf unserer Reise »In 28/7 um die Welt« gefallen! Welche Bücher, die in Europa spielen könnt ihr empfehlen?

Schon morgen geht die Weltreise auf buchperlenblog.com weiter. Nächster Halt: ASIEN!

9 Kommentare

  1. Liebste Bella!
    Ich finde deine Buchvorstellungen super spannend und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass mir Ariadne auch sehr gefallen könnte – den Mythos dahinter find ich ja besonders schön!

    Alles Liebe und auf zum nächsten Kontinent!
    Gabriela

    • Hallo meine Liebe,

      das kann ich nur zurückgeben – ich sehe schon, dass ein Großteil deiner Buchempfehlungen auch früher oder später bei mir einziehen müssen!

      Hättest du vielleicht Lust das Ariadne Buch zusammen in einem BuddyRead mit mir zu lesen?

      Herzlichst
      Deine Bella

  2. LeseWelle

    Hallo Bella und auch Gabriela! :)
    Ich liebe ja Adaptionen von Sagen oder Märchen und deshalb wird „Ich, Ariadne“ mal auf meine WuLi wandern. :)
    „Ich bin Circe“ fand ich ganz toll und ich danke euch für den Tipp. <3
    Liebe Grüße
    Diana

    • Liebe Diana,

      ich hoffe sehr, dass „Ich, Ariadne“ genauso wundervoll zu lesen sein wird wie „Ich bin Circe“. Hört sich zumindest so an :)

      Von solchen Adaptionen könnte es ruhig viel mehr geben! Falls ich mal wieder etwas in die Richtung entdecke, gebe ich dir gerne Bescheid.

      Liebe Grüße
      Bella

      • Ja, ich finde auch, das es mehr Adaptionen zu der griechischen Mythologie geben könnte. :)
        Und gerne kannst du dich bei mir melden wenn du was entdeckst. Ich werde mich dann auch bei dir melden. :)

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