{Rezension} Ohne Furcht und Tadel von Neil Gaiman & Colleen Doran


Lesedauer: 4 Minuten

Jeden Donnerstag ging Mrs. Whitaker zuerst zur Post, um ihren Pensionsscheck abzuholen, und danach zum Oxfam-Shop, um ein bisschen zu stöbern. An jenem Tag fand sie zwei alte Taschenbücher und den Heiligen Gral und kaufte alles zusammen für 40 Pence. Danach ging sie zum Metzger und kaufte ein schönes Stück Leber fürs Dinner. Mrs. Whitaker stellte den Gral auf ihren Kaminsims, zwischen die Figurine des Bassets mit den treuen Augen und das Foto ihres verstorbenen Ehemannes Henry, denn da machte er sich gut. Sie staunt nicht schlecht, als am nächsten Tag der edle Galahad in strahlender Rüstung vor ihrer Tür steht, um seine Queste, die Suche nach dem Sang Real, endlich abzuschließen. Glücklicherweise ist eine britische Dame nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen.

Das detailreich verzierte Cover der Comicadaption von Neil Gaimans Kurzgeschichte »Ohne Furcht und Tadel« lässt auf eine ähnlich opulente Gestaltung schließen, wie sie Colleen Doran bereits in »Snow, Glass, Apples« unter Beweis stellte. Doch die Stilrichtung ihrer Illustrationen orientieren sich passend zum Thema der Geschichte irgendwo zwischen Bibel und Artus Sage.


© Splitter Verlag/Colleen Doran

Neil Gaiman kredenzt in »Ohne Furcht und Tadel« eine ganz und gar vorzügliche Unterhaltungskost, indem er einer alten Witwe nichts Geringeres als den Heiligen Gral zuspielt, die diesen sofort erkennt, aber seinen religiösen Wert völlig ignoriert und sich einfach an ihm als schöne Dekoration auf ihrem Kaminsims erfreut.


© Splitter Verlag/Colleen Doran

Doch eines Tages steht ganz unverhofft ein adretter Ritter in glänzender Rüstung vor Mrs. Whitakers Tür, natürlich handelt es bei dem edlen Recken mit seinem weißen Ross um Sir Galahad, den Ritter aus König Artus Tafelrunde, welcher mit der Suche nach dem Heiligen Gral beauftragt wurde. Die Kuriosität, dieser Begegnung bringt die gestandene Dame nicht aus der Ruhe, schließlich kann sich Sir Galahad ausweisen.


© Splitter Verlag/Colleen Doran

Im Folgenden wird man Zeuge davon, wie Sir Galahad Mrs. Whitaker verschiedenste Angebote unterbreitet, um von ihr den Heiligen Gral ausgehändigt zu bekommen, denn die alte Dame möchte sich nicht so leicht von dem günstig bei Oxfam erworbenen Schmuckstück trennen.

Zwischen Tee, Putzen und Gartenarbeit erhascht man einen Blick auf Mrs. Whitakers Vergangenheit und der Liebe zu ihrem verstorbenen Mann. Als dann auch noch Sir Galahad mit Tauschgut erscheint, welches Mrs. Whitaker als angemessen erachtet, ist der Weg für den stets ehrenhaften Ritter und seine auserkorene Maid und ein neues Abenteuer offen.

Colleen Doran kleidet diese kurzweilige Story mit ihren zart aquarellierten Kunstwerken perfekt ein, denn hinter den aufwendigen Illustrationen spürt man ihre große Liebe zu Neil Gaimans kurios-gefühlvoller Geschichte. Egal ob Heiligenbildchen, Speicherszene oder Kaffeekränzchen, die fein gezeichneten Panels stecken voller Tiefgang, den man zunächst nicht in einer solch abgefahrenen Erzählung vermuten würde.


Eine zauberhafte Neil Gaiman Kurzgeschichte zwischen Märchen, Bibel und Artus-Sage, brillant von Colleen Doran als Comicerlebnis in Szene gesetzt.

★★★★★

*WERBUNG*

Titel: Ohne Furcht und Adel
Autor*in: Neil Gaiman
Illustrator*in: Colleen Doran
Übersetzer*in: Gerlinde Althoff
Genre: Comic
Verlag: Splitter
ISBN-13: 978-3987211386
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 80 Seiten
Preis: 19,80 €
Erschienen: 24. Mai 2023

bei amazon bestellen

Es gibt nur wenige moderne Fantasy-Autoren, die erfolgreicher sind als Neil Gaiman. Geboren 1960 in Portchester in England, begann er seine Schriftstellerkarriere in den 80er-Jahren als Comicautor vor allem für DC, wo er seine bekannteste Reihe schuf, »The Sandman«. Nach seinem Umzug in die USA Anfang der 90er veröffentlichte er mit »Ein gutes Omen« seinen ersten Roman, den er mit Terry Pratchett zusammen geschrieben hatte. Weitere Romane und Comics folgten, ebenso wie Hörspiele und Drehbücher, auch im Bereich der Kinderliteratur (»Coraline«). Gaiman wurde mehrfach mit dem Eisner Award ausgezeichnet, und 2002 erhielt »American Gods« mit dem Hugo, dem Nebula und dem Locus Award die drei wichtigsten Preise der Fantasy-Literatur in den USA.

Gaiman, Vater von vier Kindern, lebt seit 2002 bei Minneapolis in den USA.

Quelle: Splitter


Künstlerin Colleen Doran begeistert mit unfassbar schönen Illustrationen […]
Comic-Couch, Marcel Scharrenbroich

Ohne Furcht und Tadel ist die mehr als gelungene Umsetzung einer Kurzgeschichte von Neil Gaiman, die Colleen Doran mit viel Leidenschaft und Liebe für den besonderen Zauber der Vorlage umzusetzen weiß.
Splash-Comics

Neil Gaiman hat es mal wieder geschafft, eine überaus unterhaltsame Geschichte zu erzählen, wobei die Figuren und Gegenstände den meisten Leser aus unserem Kulturkreis wohl bekannt sein dürften, nur das Zusammenspiel selbiger ist etwas außergewöhnlich.
Büchernarr

Du hast den Comic auch besprochen? Gib mir einfach über die Kommentarfunktion Bescheid. Ich verlinke Deine Rezension dann gerne hier.

Sag auch etwas dazu...

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.