{Rezension} Sheets: Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken von Brenna Thummler


Lesedauer: 5 Minuten

Marjorie Glatt – dreizehn und über die Gebühr pragmatisch veranlagt – fühlt sich wie ein Gespenst. Sie leitet die Wäscherei ihrer Familie und ihr Alltag ist geprägt von unversöhnlichen Kunden, unerträglichem Sportunterricht … und dem anspruchsvollen Mr. Saubertuck, der alles zerstören will, wofür sie so hart gearbeitet hat. Wendell ist ein Geist. Ein Junge, der sein Leben viel zu früh verloren hat. Sein Alltag ist geprägt von einer unwirksamen Todtherapie, einer Identität, die von einem Bettlaken abhängt, und dem gefährlichen Bedürfnis, in der verbotenen Welt der Menschen eine Bestimmung zu finden. Dann sollen ihre Welten aufeinanderprallen: Marjorie sieht sich mit unerklärlichen Katastrophen konfrontiert, nachdem Wendell die Wäscherei der Glatts in seinen mitternächtlichen Spielplatz verwandelt und tagsüber als bloßes Bettlaken erscheint. Während Wendell versucht, sich ein neues Leben nach dem Tod zu erschaffen, sabotiert er unwissentlich das Leben, um das Marjorie so verbissen kämpft.

Mit »Sheets: Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken« von Brenna Thummler hat sich gleich mein erster Titel aus dem Kinder- und Jugendbuch Imprint Crocu des Cross Cult Verlags auf direktem Weg in mein Herz geschlichen. Die bittersüße Story über das Mädchen Marjorie und den Geisterjungen Wendell beschäftigt sich mit den schwermütigen Themen Tod und Trauer, und geht einfach unter die Haut.


© Cross Cult/Brenna Thummler

Im Mittelpunkt der Handlung steht die dreizehnjährige Marjorie Glatt, die keine unbeschwerte Teenagerzeit verbringt, denn sie ist der Kitt, der ihre Familie, nachdem viel zu frühen Tod ihrer Mutter zusammenhält. Während ihr Vater in Depressionen versunken ist, schmeißt Marjorie den Waschsalon, ärgert sich mit unzufriedener Kundschaft herum, kümmert sich um ihren jüngeren Bruder und versucht in der Schule mitzukommen und sich nicht von den Sticheleien ihrer Mitschüler*innen unterkriegen zu lassen.


© Cross Cult/Brenna Thummler

Als wäre das noch nicht genug, gibt es da auch noch Mr. Saubertuck, der mit allen Tricks und Gaunereien, ja sogar Sabotage, versucht, sich den Waschsalon unter den Nagel zu reißen, um daraus ein Luxus-Wellness-Resort zu machen. Dieser spleenige und herrlich überzeichnete Charakter gibt einen wunderbaren Bösewicht ab. Natürlich kämpft Marjorie um das Vermächtnis ihrer Mutter, doch dies geschieht unter erschwärten Umständen, als plötzlich der Geisterjunge Wendell den Waschsalon auf den Kopf stellt und ungewollt die harte Arbeit von Marjorie untergräbt.

Wie Marjorie und Wendell aber dennoch Freundschaft schließen und das Blatt ihres Schicksals wenden, liest man am besten selbst in »Sheets: Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken« nach.


© Cross Cult/Brenna Thummler

Brenna Thummler konnte mich mit der Story auf jeden Fall für sich gewinnen, dennoch habe ich einen kleinen Kritikpunkt, das Verhalten der Erwachsenen in diesem Comic konnte ich nicht immer nachvollziehen. Es ist schon etwas schräg, wie es als ganz normal angesehen wird, dass ein Mädchen ein Geschäft führt und wie die Kundschaft dann auch Druck auf Marjorie ausübt ist wirklich schlimm mitzuerleben. Vielleicht ist dies aber auch einfach Teil dieser fiktiven Welt, in der Geister gut auf ihr Bettlaken achten müssen und ›Geisterklar‹, das einzige Waschmittel ist, welches die schwer zu reinigenden Laken blütenweiß bekommt.

Auf große Begeisterung sind die detailverliebten Illustrationen von Brenna Thummler bei mir gestoßen, denn aus Marjories Gesichtszügen kann man hervorragend ihre Gefühle herauslesen, bekommt dabei aber auch die volle Dröhnung ihrer bedrückenden Last ab, die sie zu Boden drängt. Und wie knuffig sind bitte die Geisterwelt und die Geistergestalten an sich in Szene gesetzt?! Die wunderschön pastellfarbene Koloration, witzige Namen und eine Prise Humor nehmen zudem die Schärfe des Themas etwas heraus.

Der Comic eignet sich dank der einfachen Panelstruktur und der verständlichen Storyline auch prima für Comiceinsteiger.

Außerdem freue ich mich jetzt schon darauf, zu erfahren, wie es im Leben von Marjorie und Wendell in »Delicates: Die Feinheiten des Lebens« weitergehen wird. Die Fortsetzung erscheint bereits am 20. März 2023.


Die schwere Kost von Tod, Trauer, Depression und einem zu früh vergangenen Leben in eine pastellig bunte Story zum Mitfühlen gekleidet.

★★★★☆

*WERBUNG*


Titel: Sheets: Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken
Originaltitel: Sheets
Autor*in: Brenna Thummler
Genre: Comic (ab 12 Jahre)
Verlag: Cross Cult (Crocu)
ISBN-13: 978-3987430121
Format: Softcover
Seitenanzahl: 240 Seiten
Preis: 25,00 €
Erschienen: 28. November 2022

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Ein niedlicher Comic, über zwei einsame Herzen, die sich finden und anfreunden, der wunderschön aussieht, in der Handlung aber noch ein paar typische Debüt Schwächen, wie ein paar Logikfehler und ein nicht optimales Handlungstempo aufweist.
Miss Pageturner

»Sheets – Am Ende bleibt uns nur ein Bettlaken« von Brenna Thummler ist ein lesenswerter Comic, der zum Nachdenken über das Leben und dessen Vergänglichkeit bringt.
Endlose Seiten

„Sheets“ bietet in meinen Augen genau das, was der Comic auch verspricht: eine richtig tolle Geschichte, bei der einem das Herz aufgeht, auch wenn die Grundstimmung schon sehr melancholisch ist.
Letterheart

Bunt, emotional und mit dem Herz am rechten Fleck. Brenna Thummers eigenständiges Debüt ist für mich – mit etwas Zähneknirschen – zwar erst in der Rezensions-Mangel einigermaßen faltenfrei geworden, was junge Leser vielleicht nur am Rande wahrnehmen.
Comic-Couch, Marcel Scharrenbroich

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3 Kommentare

  1. Liebe Stefanie,

    bei Comics bin ich ja immer sehr skeptisch. Das ist nicht ganz so meins. Aber dann gibt es doch diese tollen Ausnahmen, wo auch ein Comic in seinem eigenen Stil unter die Haut gehen, ja mich berühren kann. Das Werk von Brenna Thummler ist so eine Ausnahme und ich bin froh, dass du es hier rezensiert und ebenfalls für lesenswert befunden hast.

    • Liebe Clodette,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich sehr, dass dir „Sheets“ unter die Haut gehen konnte. Darf ich fragen, warum du dem Medium Comics ansonsten eher skeptisch gegenüberstehst? Es gibt nämlich einige tolle Titel, die weitaus mehr als Superhelden-Comics oder lustige Comics sind.

      Herzliche Grüße
      Bella

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